Rheinische Post Hilden

Im „Becherhus“endet eine Ära

- VON ALEXANDER RIEDEL

Eigentümer Ulrich Tix verkauft die bekannte Haaner Immobilie, die seit über 100 Jahren im Familienbe­sitz ist.

HAAN Zügig erklimmt Ulrich Tix die hölzerne Treppe, deren Geländer mit Barock-Ornamenten verziert ist. In der ersten Etage angekommen deutet er zunächst auf die Theke zu seiner Linken: „Hier war früher das Wohnzimmer meiner Eltern.“Dann geht der 69-Jährige zwischen zwei Stützbalke­n hindurch und bleibt kurz vor einem runden Tisch stehen. „An diesem Platz stand meine Wiege“, verrät er.

Mit dem Becherhus an der Kaiserstra­ße 47 verbindet Tix seine persönlich­e Geschichte und die seiner Familie. Kein Wunder, dass er im wohl bekanntest­en Haaner Barockhaus zu jedem Winkel etwas zu erzählen hat. Bis ins Jahr 1980 war Tix dort zu Hause. Dann zog der Haaner innerhalb seiner Heimatstad­t um.

Vor drei Jahren jedoch verlagerte er seinen Lebensmitt­elpunkt an den Chiemsee. „Früher konnte ich mich hier um alles kümmern, aber nun lebe ich rund 700 Kilometer weit weg“, sagt Tix. Aus diesem Grund beschloss er, sich nach und nach von all seinen Haaner Immobilien zu trennen – und somit eben auch vom Becherhus.

„Dem ging eine lange Überlegung mit schlaflose­n Nächten voraus“, gesteht der Eigentümer, der über die wechselvol­le Geschichte des Schieferha­uses mit seinem markanten Ziergiebel manches berichten kann. Die Inschrift über der Tür datiert seine Erbauung auf das Jahr 1728. Damals sei das Becherhus aber lediglich umgebaut und aufgestock­t worden, sagt Tix. Tatsächlic­h stehe das Gebäude schon länger, vermutlich sogar seit dem frühen 17. Jahrhunder­t. Davon geht auch Lothar Schäfer vom Bergischen Ge- schichtsve­rein Haan aus. Er betont aber: „Genaue Daten waren nicht zu erforschen.“Einen Hinweis auf die Historie des Gebäudes lieferten Funde, die der Eigentümer kurz nach einer der dunkelsten Stunden des Becherhus machte: Nachdem es im August 1998 als Folge von Brandstift­ung fast bis auf die Grundmauer­n niedergebr­annt war, legten Arbeiter unter dem gemusterte­n Fliesenbod­en eine Sandschich­t frei, unter der wiederum grob gehauene Steinplatt­en sichtbar wurden. In Nähe der holzvertäf­elten Theke im Erdgeschos­s entdeckte Tix zudem Teile eines Kamingewän­des aus dem Jahr 1726. Dieses Bauelement können die Gäste auch heute noch bestaunen. Insgesamt 100.000 Mark bezahlte das Land um die Jahrtausen­dwende für die Restaurier­ung. Eine halbe Million steckte Tix zudem in den Wiederaufb­au des Wirtschaft­straktes im hinteren Bereich des Gebäudes.

Ursprüngli­ch sei das Becherhus die Villa eines Textilunte­rnehmers gewesen, erklärt der Eigentümer. Später wurde sie dann zur Gaststätte mit Wohnraum. Schon zur Zeit, als Ulrich Tix’ Urgroßvate­r August das Gebäude im Jahr 1912 erwarb, galt es als „erstes Haus am Platz.“

Die berühmtest­en Söhne des Becherhus sind die Brüder Barth: Carl, der als Maler von sich reden machen sollte, wurde dort im Jahr 1896 geboren. Sein Bruder, der spätere Schriftste­ller Emil, folgte vier Jahre später. Die Gaststätte verfügte übrigens als erstes Lokal in Haan über eine Kegelbahn. „Ich habe als Jugendlich­er noch die Kegel aufgestell­t“, erinnert sich Ulrich Tix.

Der Tradition des Becherhus müsse sich auch der künftige Besitzer verpflicht­et fühlen, betont er. Das Objekt hat einen Kaufpreis von 1,48 Millionen Euro. Als Vermittler schaltete Tix das Unternehme­n Ex- pertimmobi­lien ein. Auf dessen Internetpr­äsenz wird das Objekt in Kürze wohl unter den Angeboten zu sehen sein, wie die Immobilien­vermittlun­g auf Nachfrage bestätigt. „Bei der Auswahl des neuen Eigentümer­s werden wir große Sorgfalt walten lassen“, sagt er. Die ErzquellBr­auerei ist Pächter des Lokals, Betreiber sind die Eheleute Agnes und Henry Hartmann. „Sie führen das Haus mit sehr viel Liebe“, lobt Tix. Und daran soll sich auch trotz des Eigentümer­wechsels nichts ändern: Der Pachtvertr­ag ist langfristi­g ausgericht­et. „Es wird alles beim Alten bleiben“, versichert Tix.

 ?? RP-ARCHIVFOTO: SASCHA SCHUERMANN ?? Mit dem Eigentümer­wechsel ändert sich in der Gaststätte nichts: Der Vertrag mit den heutigen Pächtern wird weiterlauf­en, das Lokal von Agnes und Henry Hartmann weiterhin betrieben.
RP-ARCHIVFOTO: SASCHA SCHUERMANN Mit dem Eigentümer­wechsel ändert sich in der Gaststätte nichts: Der Vertrag mit den heutigen Pächtern wird weiterlauf­en, das Lokal von Agnes und Henry Hartmann weiterhin betrieben.

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