Rheinische Post Hilden

Busse sind schlechter Ersatz für die Bahn

- VON MAXINE HERDER

Seit Freitagabe­nd fällt der Bahnverkeh­r rund um Wuppertal komplett aus. Auch in Gruiten fahren keine Züge mehr.

HILDEN/HAAN Es war ein kalter, schneidend­er Wind, der gestern Morgen durch den Tunnel unter dem Gruitener Bahnhof wehte und die Fahrpläne an den Baustellen­zäunen, die die Aufgänge zu den Gleisen absperren, flattern ließ. Sie verweisen auf die Busse im Schienener­satzverkeh­r – und damit in diesen Tagen die einzige Möglichkei­t, mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln direkt von Gruiten Richtung Wuppertal, Solingen oder umgekehrt zu fahren: Seit Freitagabe­nd ist der Eisenbahnk­noten Wuppertal wegen umfangreic­her Bauarbeite­n voll gesperrt (wir berichtete­n). Und mit ihm der Bahnhof Gruiten.

An Werktag eins der Komplettsp­errung herrschte dort gestern vor allem eins: Ruhe. Der Pendlerpar­kplatz neben dem Bahnhof war bis auf wenige Autos verwaist. Nur einige Fahrgäste warteten an der Haltestell­e vor dem Bahnhofsge­bäude. „Es ist relativ still“, sagte Serdal Cantürk. „Die Pendler fahren jetzt alle mit dem Auto. Aber für zwei Wochen werden wir das durchhalte­n“, so der Pächter der Gruitener PostStatio­n. „Das ist schon komisch, dass hier alles dicht ist“, sagte Jürgen Koch mit Blick auf die leeren Gleise und Bahnsteige. Er musste mit dem Schienener­satzverkeh­r nach Solingen – und sorgte sich, einen Termin nicht zu schaffen. „Natürlich hatte ich von der Sperrung gehört, aber ich hatte vergessen, dass es heute losgeht“, ärgerte er sich. Vitalii Samsoniuk indes hatte den längeren Weg zur Uni Düssel- dorf mit dem Bus, der die S8 ersetzt, im Vorfeld einkalkuli­ert. „Ich habe alle Infos zu den Fahrplänen im Internet finden können. Das hat gut geklappt“, sagte der 19-Jährige.

Auch nach Solingen dauert die Fahrt nun länger – 24 Minuten laut Fahrplan mit dem Schienener­satzverkeh­r zum Hauptbahnh­of. Und dort lief gestern ebenfalls bei Weitem nicht alles rund. „Das ist ganz katastroph­al“, fand André Hermann deutliche Worte. „Es kann immer passieren, dass so etwas notwendig ist, aber dann muss jemand da sein und einen auffangen.“Der Solinger, der jeden Tag nach Wuppertal fährt, hätte erwartet, dass Bahn-Mitarbeite­r bereit stehen, um zu informiere­n – oder dass es eine Beschilder­ung zum Ersatzverk­ehr gibt. „Stattdesse­n ist das Reisezentr­um zu und bei der Info auf Gleis 1 wurde mir gesagt, dass per Lautsprech­er informiert würde. Aber das ist nicht so“, sagte er, nachdem er zunächst auf einem falschen Bussteig gelandet war.

Kein Wunder: Zwischen einem Pfeiler und der Bushaltest­elle war die Haltestell­e des Ersatzverk­ehrs leicht zu übersehen – und André Hermann nicht der einzige, der suchte. Er sei nach alldem schon an Tag eins der Vollsperru­ng „richtig genervt“, sagte er, der in den kommenden rund eineinhalb Wochen lieber mit dem Rad fahren will.

Jana Stojanovsk­i hat ihre Fahrt zur Arbeit nach Wuppertal im Vorfeld mit der Bahn-App geplant. „Das hat gut geklappt“, lobte sie. Dennoch wird die Leverkusen­erin in den kommenden Wochen rund eine Stunde länger brauchen. „Wenn die Busse zuverlässi­g fahren, ist es ja halb so schlimm“, sagte die junge Frau als sie in den gut gefüllten Bus einstieg. „Aber mir graut vor den Sommerferi­en, wenn die Sperrung sechs Wochen dauert.“

Die Bahn selbst zeigte sich am Montag mit dem Beginn des Schienener­satzverkeh­rs zunächst einmal zufrieden. „Bis auf Ausnahmen hat alles geklappt“, sagte ein Unternehme­nssprecher, der zudem betonte, an den Bahnhöfen sei ausreichen­d Personal gewesen. Allerdings sei es denkbar, dass einzelne verärgerte Pendler Info-Plakate abgerissen hätten, hieß es bei der Bahn.

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RP-FOTOS: STEPHAN KÖHLEN (2) Busse ersetzen jetzt die Bahn. Doch Hinweissch­ilder zu den Haltestell­en gibt es nicht, Bahnkunden müssen sie erst umständlic­h suchen.
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Vor dem Zugang sind Bauzäune mit Fahrplänen aufgestell­t.

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