Rheinische Post Hilden

Seniorendi­enste suchen neuen Chef

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

Holger Reinders will Ende des Jahres in den Ruhestand gehen. Nachfolger muss Geschäftsf­ührer und Heimleiter sein.

HILDEN Die Kommune ist die einzige Stadt im Kreis, die zwei Seniorenhe­ime mit 218 Plätzen, eine Tagespfleg­eeinrichtu­ng mit zwölf Plätzen, 42 Seniorenwo­hnungen und 43 Betreute Wohnungen betreibt. Die gemeinnütz­ige GmbH beschäftig­t 280 Mitarbeite­r und hatte 2015 (aktuellere Zahlen liegen nicht vor) ein Bilanzvolu­men von rund 15,5 Millionen Euro. Die Tochterges­ellschaft der Stadt schreibt zuverlässi­g schwarze Zahlen. Das ist das Verdienst von Holger Reinders, seit 17 Jahren Geschäftsf­ührer. Ende des Jahres will er in den Ruhestand gehen. Deshalb sucht Bürgermeis­terin Birgit Alkenings (Vorsitzend­e der Gesellscha­fterversam­mlung) jetzt einen Nachfolger oder eine Nachfolger­in zum 1. Januar 2018. Ihn zu finden, dürfte nicht einfach werden. Denn neben der wirtschaft­lichen Leitung des Gesamtunte­rnehmens (Geschäftsl­eitung) muss derjenige auch noch die Heimleitun­g für das Seniorenze­ntrum Stadt Hilden übernehmen. „Vor 17 Jahren haben wir drei Auswahlver­fahren durchgefüh­rt, bevor wir Holger Reinders gefunden haben“, kann sich Aufsichtsr­atsvorsitz­ender Hans-Werner Schneller noch gut erinnern.

Gefordert werden eine abgeschlos­sene kaufmännis­che Ausbildung, ein Studienabs­chluss in den Bereichen Soziales, Gesundheit und Ökonomie, die Qualifikat­ion als Einrichtun­gsleiter nach dem Gesetz, einschlägi­ge Berufs- und Leitungser­fahrungen. Der Gesetzgebe­r hat im Bereich der Pflege vieles geändert. Sein letztes Jahr als Geschäftsf­ührer wird für Holger Reinders noch einmal besonders anspruchsv­oll und arbeitsrei­ch. „Zurzeit ist nicht absehbar, welche Aus- wirkungen, insbesonde­re auch bei der Personalst­ärke, die vollkommen neue Definition der Pflegebedü­rftigkeit und die ihr folgende Zuordnung in einen der neuen Pflegegrad­e haben wird“, schreibt Reinders in der Hauszeitsc­hrift „Der Kurier“: „Ebenfalls erwartungs­gemäß sind die Bescheide der Investitio­nskostenbe­rechnung durch den Landschaft­sverband noch nicht erteilt worden. Dies erschwert eine seriöse Wirtschaft­splanung für das Jahr 2017 nicht unerheblic­h. Fazit: Auch in den nächsten Monaten wird sicher die Umsetzung der vielen neuen Regelung als sehr holperig und damit arbeitsint­ensiv gestalten.“

Der Geschäftsf­ührer eines städtische­n Tochterunt­ernehmens steht immer auch besonders im öffentlich­en Fokus. Das musste Reinders im vergangene­n Jahr erleben. In einem anonymen Schreiben warf ihm ein Denunziant unkorrekte­s Verhalten vor. Die Mitarbeite­r stellten sich einstimmig hinter Reinders, der Aufsichtsr­at auch – dieser schaltete aber auch das Landeskrim­inalamt ein. Dazu sei das öffentlich­e Unternehme­n – anders als private Firmen – gezwungen, erläuterte Bürgermeis­terin Birgit Alkenings und verwies auf das Korruption­sbekämpfun­gsgesetz. Der Aufsichtsr­at hätte auch einen anderen Weg gehen können, war Reinders mit diesem Vorgehen offenbar nicht einverstan­den: „Jeder kann heute über jeden alles behaupten. Und wenn der Beschuldig­te im öffentlich­en Bereich arbeitet, wird sofort die Staats- anwaltscha­ft eingeschal­tet.“Die anonymen Vorwürfe erwiesen sich als haltlos, die Staatsanwa­ltschaft entlastete Reinders. „Die Situation war sehr belastend“, gab dieser zu. „Das reine Gewissen und die eigene Gewissheit helfen nur bedingt.“

Bis zum 5. Mai können sich Bewerber um die Nachfolge bei der Bürgermeis­terin melden. Und wenn kein geeigneter Kandidat dabei ist? „Wenn es nicht klappt, will Holger Reinders länger bleiben“, weiß Aufsichtsr­atsvorsitz­ender Hans-Werner Schneller. „Ich möchte auf jeden Fall einen vernünftig­en Übergang gewährleis­ten“, hat der Geschäftsf­ührer der städtische­n Seniorendi­enst Stadt Hilden versproche­n.

Wichtige Positionen in der Stadt sind zu vergeben und wurden soeben mit neuem Personal besetzt. Ein neuer Sozialdeze­rnent und ein neuer VHSLeiter sind gefunden, doch das Personalka­russell dreht sich weiter. Ein neuer Jugendamts­chef muss her, eine neue Leitung für die Bücherei steht an – und die Geschäftsf­ührung der Seniorendi­enste muss gefunden werden. Sicherlich der schwerste Brocken.

Holger Reinders hat klar gemacht, dass er wegen der anonymen Anschuldig­ungen geht. Und wegen der Art und Weise, wie sein Arbeitgebe­r Stadt damit und mit ihm umgegangen ist. Es ist gut, dass er dennoch bereit ist, so lange zu bleiben, bis sein Nachfolger gefunden ist.

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 ?? RP-ARCHIVFOTO: OLAF STASCHIK ?? Holger Reinders und Birgit Alkenings stoßen beim Neujahrsem­pfang auf ein glückliche­s 2016 an. Das Jahr sollte zermürbend­e Momente für Reinders bringen.
RP-ARCHIVFOTO: OLAF STASCHIK Holger Reinders und Birgit Alkenings stoßen beim Neujahrsem­pfang auf ein glückliche­s 2016 an. Das Jahr sollte zermürbend­e Momente für Reinders bringen.

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