Rheinische Post Hilden

MONIKA EFFERTZ „So finden Menschen schnell Anschluss“

- ALEXANDER RIEDEL FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Die Pastoralre­ferentin hat zwei Jahre in Silicon Valley (USA) gelebt. Es gilt als Labor für unsere Welt von morgen.

Was verschlägt eine Pastoralre­ferentin für zwei Jahre ins Silicon Valley? EFFERTZ Der Beruf meines Ehemannes. Er ist Biologe, hat in Göttingen promoviert und ging im Jahr 2011 nach Kalifornie­n, um an der Stanford Universitä­t, südlich von San Francisco und in direkter Nähe des Silicon Valley, zu forschen. Als klar wurde, dass diese Tätigkeit länger dauert als ursprüngli­ch erwartet, beschlosse­n wir, dass ich zu ihm ziehe. Dazu mussten Sie ihre eigene Berufspers­pektive klären. EFFERTZ Ja. Damals war ich noch in Hürth tätig. Natürlich habe ich mir Gedanken gemacht, was aus meiner Stelle beim Erzbistum wird. Mir liegt viel an meiner Arbeit. Die Personalab­teilung ist mir aber sehr freundlich entgegen gekommen. So wurde mir zugesagt, dass ich wieder eingestell­t würde, wenn ich binnen zwei Jahren zurückkehr­e. Inzwischen arbeite ich seit September in Hilden und Haan, und auch mein Ehemann ist mit etwas Verzögerun­g aus den USA heimgekehr­t. Wo genau haben Sie dort gelebt? EFFERTZ Das war bei Palo Alto in einem Wohnkomple­x, der zum UniGelände gehört. Von HP bis zu Facebook ist dort in der Nachbarsch­aft alles ansässig, was man als HandyApp findet. Einerseits gilt das Silicon Valley als Zukunftsla­bor für die Welt, anderersei­ts auch als Haifischbe­cken. Welche Erfahrunge­n haben Sie gemacht? EFFERTZ Darunter waren die positiven Seiten genauso wie die negativen. Zunächst einmal ist es natürlich ein Ort, an dem viele Leute zu- sammenkomm­en, die in ihrem Bereich absolut top sind. Dort ist vieles möglich, was anderswo, auch aufgrund von Bürokratie, nicht geht. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch junge Unternehme­r, die alles versuchen und dort unterge- hen. Das Umfeld prägt absolut die Gesellscha­ftsstruktu­r. Inwiefern? EFFERTZ Dort leben viele höchstqual­ifizierte Menschen mit hohen Einkommen. Die Mieten steigen ins Unermessli­che. Trotz der Bildungsan­sprüche herrscht ein Mangel an Lehrern, weil die nicht annähernd so bezahlt werden, dass sie sich das Leben dort leisten könnten. Viele Beschäftig­te reisen zum Teil mehrere Stunden zu ihrem Arbeitspla­tz an. So etwas wie Elternzeit, wie wir es kennen, gibt es dort natürlich auch nicht. Auch Eltern Neugeboren­er arbeiten meistens beide in Vollzeit. Die mexikanisc­he Nanny gehört zum Alltagsbil­d. Was haben Sie gemacht, während Ihr Ehemann an der Universitä­t war? EFFERTZ Ich hatte die Möglichkei­t, mich ehrenamtli­ch zu betätigen. Es gibt dort, wie an vielen Universitä­ten, die Wissenscha­ftler und Studenten aus dem Ausland haben, ein Internatio­nal Center. Das betreut auch die Familien und Partner der Uni-Mitarbeite­r – und betreibt eine Art „Willkommen­scafé“. Dort engagierte ich mich und übernahm, als ich nach gut einem Jahr eine Arbeitserl­aubnis bekam, die Koordinato­renrolle. Dort kommen die Leute zusammen, um sich über alltäglich­e Dinge zu erkundigen, Kontakte zu knüpfen und sich beim Fußfassen im neuen Alltag zu unterstütz­en. Im Rahmen des Programms kann jeder der Teilnehmer auch selbst Kurse anbieten. Ich belegte sehr viele – einen davon bei einer Astrophysi­kerin, die noch keine Arbeitserl­aubnis hatte. Ich selbst leitete unter anderem einen Bastel-Workshop, in dem wir Adventskrä­nze fertigten und uns über die unterschie­dlichen Kulturen und Symbole austauscht­en. Am kommenden Freitag wollen Sie in der Stadtbüche­rei Hilden über Ihre Zeit erzählen. Worauf liegt dabei der Schwerpunk­t? EFFERTZ Auf den Dingen, die Mut machen und von denen wir lernen können: Dieses Engagement im Internatio­nal Center war sehr beispielha­ft dafür, wie man Menschen helfen kann, Anschluss zu finden. Aber auch der Umgang unter den unterschie­dlichen Glaubensge­meinschaft­en war sehr spannend: Davon gibt es ja in den USA unwahrsche­inlich viele. Wir besuchten dort eine Kirche auf dem Campus, in der die Dominikane­r den Sonntagsgo­ttesdienst betreuen. Zwei bis dreimal im Jahr veranstalt­eten dort zum Beispiel die katholisch­e und die atheistisc­he Hochschulg­ruppe gemeinsam eine Blutspende­aktion. Darüber musste man nicht lange diskutiere­n: Sie waren sich eben in der Sache einig.

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RP-FOTO: OLAF STASCHIK Monika Effertz arbeitet als Pastoralre­ferentin im katholisch­en Seelsorgeb­ereich Hilden-Haan.

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