Rheinische Post Hilden

Mindestgrö­ße für Polizisten nach Bundesländ­ern

-

dasselbe Gewicht tragen, das man mir nicht zutraut“, sagt der 19-Jährige.

Marcel K. will sich nun bei der Polizei in Rheinland-Pfalz bewerben. Und er hat gute Chancen, genommen zu werden. Denn dort reicht es aus, 1,62 Meter groß zu sein. Auch in allen anderen Bundesländ­ern – bis auf Niedersach­sen – würde seine Größe genügen. In Bayern sind 1,65 Meter vorgeschri­eben, in Baden-Württember­g sind sogar nur 1,60 Meter nötig. Die Bundespoli­zei und das Bundesland Bremen haben die Mindestgrö­ße sogar schon ganz abgeschaff­t. Damit wolle man, erklärt Friedrich-Wilhelm Britt von der Bundespoli­zeiakademi­e in Lübeck, einer größeren Anzahl an Bewerbern den Zugang zum Auswahlver­fahren ermögliche­n. „Ob die Bewerber für den Polizeivol­lzugsdiens­t geeignet sind, wird im Auswahlver­fahren dann im Rahmen der Bestenausl­ese festgestel­lt“, so Britt.

Volker Huß, langjährig­er Ausbildung­sleiter an der Polizei-Fach- hochschule in Ostwestfal­en und Vorstandsm­itglied der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP), bezeichnet die bundesweit uneinheitl­ichen Einstellun­gsvorausse­tzungen als „völligen Wildwuchs“. Sie seien zum Teil nicht nur für Außenstehe­nde kaum noch nachvollzi­ehbar. „Auf den einen oder anderen Zentimeter kommt es meiner Meinung nach nicht an. Wichtig ist, dass man die erforderli­che körperlich­e Fitness hat“, sagt er. Huß regt deshalb eine Härtefall-Klausel in NRW für Bewerber an, die ein bisschen unter dem Mindestmaß liegen, ansonsten aber alle Voraussetz­ungen erfüllen. „Diese sollten dann zum Ausgleich etwa ein besonderes Schwimmabz­eichen vorweisen“, so Huß.

Die Polizei in NRW benötigt gerade jetzt besonders viele junge, motivierte Menschen mit Abitur wie Marcel K. Denn das Land will die Einstellun­gszahlen bei der Polizei jährlich um mindestens 300 Stellen auf 2300 Kommissara­nwärter erhöhen. Schon aus diesem Grund müs- se die Regelung auf den Prüfstand, fordert Erich Rettinghau­s, NRWVorsitz­ender der Deutschen Polizeigew­erkschaft (DpolG). „Auch meine Kollegen sprechen mich an, weil ihre Kinder gerne zur NRW-Polizei wollen, aber das Mindestmaß nicht erfüllen“, sagt Rettinghau­s. Auch er meint: „Auf zwei, drei Zentimeter kommt es nun wirklich nicht an. “

Das zuständige Landesamt für Ausbildung und Fortbildun­g sieht das anders. „NRW hält an der Mindestgrö­ße aus Fürsorgegr­ünden fest“, sagt Behördensp­recher Victor Ocansey. Doch möglicherw­eise könnte ein Gericht die Regelung bald kippen. Vor dem Oberverwal­tungsgeric­ht (OVG) ist derzeit ein entspreche­ndes Verfahren anhängig. Kläger ist ein Bewerber, der – wie Marcel K. – wegen seiner Größe abgelehnt wurde. Deshalb ließ das Land von der Deutschen Sporthochs­chule Köln ein Gutachten anfertigen, das die Wichtigkei­t der Mindestgrö­ße wissenscha­ftlich untermauer­n sollte. Das Ergebnis: Ab einer Körpergröß­e von 1,63 Meter ist die Polizeidie­nsttauglic­hkeit gesichert. Wann mit einem Urteil zu rechnen ist, steht noch nicht fest.

Marcel K. möchte aus Überzeugun­g Polizist werden. „Ich kann auf diese Weise einen wichtigen Beitrag für die Gesellscha­ft leisten“, sagt er. Beworben hat er sich auch bei der Bundespoli­zei, wo ihn der zuständige Arzt größer gemessen habe als der bei der NRW-Polizei. „Einige Messungen sind zu dem Ergebnis gekommen, dass ich 1,66 bis 1,67 groß bin“, sagt er. Auch Mitbewerbe­r hätten ihm erzählt, dass sie in NRW kleiner gemessen worden seien. Obwohl Marcel K. die Mindestgrö­ße für den Polizeidie­nst in NRW nicht erfüllt, kann er später als Polizist in NRW arbeiten. „Ich kann mich zwei Jahre nach meiner Ausbildung nach NRW versetzen lassen.“Rettinghau­s bestätigt das: „Der Länderwech­sel ist möglich. Manche nutzen diese Hintertür. Aber das zeigt, wie absurd die Regel mit der Mindestgrö­ße in NRW ist.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany