Rheinische Post Hilden

Alles neu macht der Wirsing

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Noch gut zwei Wochen, dann kann Heinz Bursch mit der Ernte beginnen. Und die Kohlköpfe, die er dann erntet, sind eine botanische Rarität: Der „Bonner Advent“, eine besondere Art des Maiwirsing­s, wird seines Wissens nach nur von drei Landwirten in der Region angebaut. Er ist so besonders, dass die Organisati­on Slowfood den Maiwirsing in seine Arche aufgenomme­n hat. Dort finden sich Pflanzen und Tierrassen, die in ihrer Existenz bedroht und für einen Landstrich prägend sind.

Der „Bonner Advent“war früher das erste frische heimische Gemüse, das nach dem Winter auf den Markt kam. Die Pflänzchen hat Bursch auf seinem Biohof in Bornheim Ende Oktober, Anfang November gesetzt. Das Saatgut bezieht er von einem Landwirt, der sich dem Erhalt des Maiwirsing­s verschrieb­en hat. Auf seinem Hof baut er noch andere regionale Spezialitä­ten an, wie die „Bonner Beste“, eine alte Tomatensor­te. „Früher hat man immer die Samen der üppigsten Pflanzen für die nächste Aussaat genommen“, erklärt Bursch. „So entstanden Pflanzen, die am besten in dem regionalen Mikroklima gedeihen konnten.“

Der Maiwirsing ähnelt dem bekanntere­n Bruder weder in Geschmack noch Aussehen. Der Geschmack ist besonders zart, ihm fehlen die kohligen Bitterstof­fe. „Er schmeckt einfach gut“, betont Bursch. Wenn dem nicht so wäre, würde sich das ganze Engagement auch nicht lohnen. Der Kohl erinnert eher an einen Salatkopf, ihm fehlen die Rippen-Blätter und der feste Körper.

Der Maiwirsing gehört zu den ersten heimischen Gemüsen, die im Frühling auf den Tisch kommen. Spezialitä­t ist die Sorte „Bonner

Advent“, die noch drei Landwirte anbauen.

„Er ist ein bisschen schluffige­r, man ist überrascht, wie leicht ein so großer Kopf ist“, sagt Bursch, der unter anderem seine Waren auf dem Bauernmark­t in Leverkusen verkauft. Nur knapp drei Wochen wird der „Bonner Advent“geerntet, kurze Zeit darauf kommen dann die frühen normalen Wirsinge auf den Markt, die auch unter dem Namen Maiwirsing vermarktet werden.

Für den Einzelhand­el ist der „Advent“nicht geeignet, sagt Peter Zens, Geschäftsf­ührer des Erlebnisba­uernhofs Gertrudenh­of in Hürth. „Er ist nicht massenkomp­atibel, weil er einfach zu schnell schlaff wird.“Deshalb vermarkten ihn die Bauern selbst. Zens hat die Sorte auch schon selbst angebaut, in diesem Jahr setzt er aus. Dass der Maiwirsing ein wenig unter dem Radar läuft, hat auch mit dem übermächti­gen Spargel zu tun. „Sie fallen halt beide genau in die gleiche Zeit“, sagt Zens. Für ihn ist aber der Wirsing der perfekte Botschafte­r für die zwei großen Themen: Saisonalit­ät und Regionalit­ät.

Die Landwirte und auch Slowfood sind der Meinung, dass der Maiwirsing kulinarisc­her Bestandtei­l des Rheinlands bleiben soll, auch wenn es ihm die Normierung vieler Lebensmitt­el extrem schwer macht. Die Köln-Bonner Gruppe hat die Patenschaf­t für den Arche-Passagier übernommen und ihn auch bei Verkaufsak­tionen auf Wochenmärk­ten bekannter gemacht. „Das Interesse der Menschen an solchen Lebensmitt­eln ist groß“, sagt Sven Johannsen von Slowfood Köln. „Wir waren immer schnell ausverkauf­t.“

Wenn man einen „Bonner Advent“ergattert hat, schlägt Johannsen vor, gar nicht so viel mit ihm anzustelle­n. Bitte nicht lange kochen, rät er, und – das sei noch viel wichtiger – bloß nicht in einer Mehlschwit­ze ertränken. Der Kopf wird zerteilt, Strunk und Stiele werden entfernt, dann die Blätter klein geschnitte­n. „Und dann schwenkt man sie am besten nur in einer Pfanne mit ein wenig Öl oder Butter.“So zart wie dieser Kohl schmeckt, braucht es keine kräftigen Begleiter.

 ?? FOTO: STEFAN ABTMEYER/SLOWFOOD ?? Der „Bonner Advent“ist eine rheinische Wirsing-Sorte. Sie ähnelt vom Äußeren eher einem Salat.
FOTO: STEFAN ABTMEYER/SLOWFOOD Der „Bonner Advent“ist eine rheinische Wirsing-Sorte. Sie ähnelt vom Äußeren eher einem Salat.

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