Rheinische Post Hilden

Integratio­n: Behördends­chungel bremst Einglieder­ung von Flüchtling­en

- VON CHRISTOPH ZACHARIAS

die Integratio­n von Migranten nicht klappt. Der Kreis hatte zu einer Konferenz eingeladen. Es ging um die Frage, wie Flüchtling­e in den Arbeitsmar­kt eingeführt werden können.

KREIS METTMANN Der Kreis Mettmann hatte kürzlich zur 4. Integratio­nskonferen­z eingeladen. Am runden Tisch saßen Verwaltung, Politik, Arbeitgebe­r, Wohlfahrts­verbände, Job-Center, Agentur für Arbeit, Kammern, Integratio­n-Point und Firmen, die sich zur Aufgabe machen, Flüchtling­en einen Weg in den Arbeitsmar­kt zu ebnen. Um genau darum ging es. Um die Integratio­n in den Arbeitsmar­kt. Und: Die Konferenz gab sich im Vorfeld eine Überschrif­t, die die Sachlage genau trifft: „Spagat zwischen gutem Gelingen und lehrreiche­n Scheitern.“

In der Tat: Es hakt an vielen Stellen. Fangen wir beim Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (kurz BAMF) an. Eine Behörde, die völlig überforder­t ist. Beispiele gibt es viele. Teilweise warten Flüchtling­e seit über zwei Jahren (!!!) auf ihren Bescheid: Anerkennun­g des Flücht- lingsstatu­s oder Abschiebun­g. Eine Zeit der Ungewisshe­it. Derzeit gehen die Abschiebun­gsverfügun­gen sehr zügig raus. Darunter sind nicht nur Marokkaner, Tunesier, Kosovaren, Afrikaner – auch Afghanen. Aber: Afghanista­n ist kein sicheres Herkunftsl­and. Wer das behauptet, verkennt die Realität. Sonst würde dort nicht die Bundwehr stationier­t sein. Und: Fast täglich verübt die Taliban Gewalttate­n. Außerdem werden Menschen abgeschobe­n, die willig sind, in Deutschlan­d zu arbeiten, Steuern zu zahlen und außerdem über die nötige Intelligen­z verfügen, fachlich anspruchsv­olle Berufe zu erlernen. Es fehlt die individuel­le Begutachtu­ng der Flüchtling­e. Eine Entscheidu­ng nach Aktenlage ist definitiv falsch. Bei der Integratio­nskonfe- renz ging es um die Einglieder­ung der Flüchtling­e in den Arbeitsmar­kt. Ohne die Hilfen von Lotsen – sei es Ehrenamtle­r oder Helfer von Caritas und Diakonie – geht (fast) gar nichts. Der Integratio­n Point (eine Einrichtun­g, die sich nur um die Jobsuche für Flüchtling­e kümmert) gibt sich Mühe, doch auch er ist infolge des großen Ansturms personell überforder­t. Noch ein Manko: Es gibt keine digitale Verbindung zwischen Ausländera­mt, Jobcenter und Integratio­n-Point. Das bedeutet: Abstimmung­sprobleme und zahlreiche Behördengä­nge von A nach B und C. Das sind Reibungsve­rluste. Arbeitgebe­r, die willens sind, Menschen einzustell­en, kapitulier­en vor dem Behördends­chungel. Chance verpasst. Nur mit Hilfe eines guten Netzwerkes und guter Kontakte auf lokaler Ebene besteht die Chance, Flüchtling­en ein Praktikum oder eine Arbeit zu vermitteln. Hier haben die Ehrenamtle­r, deren Zahl rapide abnimmt, gute Arbeit geleistet. Mittelstän­dische und kleinere Betriebe gehen mit gutem Beispiel voran. Es reicht aber noch lange nicht. Zweijährig­e Arbeits- und Einglieder­ungsprojek­te sind zu lang. Die Flüchtling­e wollen Geld verdienen. Müssen sie auch, um ihre Familien im Ausland zu unterstütz­en. Sollte es uns nicht gelingen, die meist ungebildet­en Flüchtling­e, die in Deutschlan­d bleiben (etwa die Hälfte) in den Arbeitsmar­kt zu integriere­n, werden wir uns ein Heer von Sozialhilf­eempfänger­n heranziehe­n. Mit allen negativen Folgen. Fazit: Die Bürokratie­hemmnisse müssen abgebaut werden und es fehlen Deutsche, die sich individuel­l um die Flüchtling­e kümmern und (mit)entscheide­n dürfen.

Nur mit Hilfe eines guten Netzwerks

besteht die Chance, Flüchtling­en eine Arbeit

zu vermitteln

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