Rheinische Post Hilden

Gebrauchsa­nleitung für das Leben

- VON DIRK WEBER

Schriftste­ller Andreas Altmann verbreitet­e im Zakk charmanten Größenwahn.

Andreas Altmann gehört zu den begnadetst­en Geschichte­nerzählern dieses Landes. Schreiben, sagt er, sei seine Rettung gewesen, um sich von seinem früheren „Scheißlebe­n“zu befreien. Vor ein paar Jahren veröffentl­ichte er in der Reihe „Gebrauchsa­nweisung für...“ein Buch über die Welt. Im aufgeheizt­en, rappelvoll­en Club des Düsseldorf­er Zakk präsentier­te er nun sein neues Buch, das ähnlich größenwahn­sinnig anmutet.

Es heißt „Gebrauchsa­nweisung für das Leben“, wiegt 28,4 Gramm und hat 240 Seiten. Altmann weiß, dass das nicht reicht, um das Leben einzufange­n. Das Buch könnte zwei Millionen Seiten haben, es wären nie genug. Der Autor ist 67, man könnte auch sagen: lebenserfa­hren. Auf jeden Fall ist er klug genug, um zu wissen, dass der Titel nicht ernst gemeint sein kann, niemand könnte ein Buch über das Leben schreiben. Er hat es trotzdem getan.

Im Zakk tritt er wie eine ältere Kopie von Sänger Campino auf. Unter der Schiebermü­tze und den fransigen Haarsträhn­en versteckt sich ein Paar stahlblaue­r Augen. Altmann trägt Lederjacke, dazu ein weit ausgeschni­ttenes T-Shirt. Als er auf die Bühne kommt und das Gemurmel nicht verstummt, bittet er das Publikum um Applaus und entschuldi­gt sich gleich dafür. Dann fragt er, ob ihn jemand nach dem Auftritt zum Bahnhof fahren könnte, am liebsten in einem dicken Mercedes. An- schließend erklärt er den Zuschauern, was dieser Abend nicht sein werde. Er werde keine Ratschläge verteilen, denn er wisse keine. Stattdesse­n werde er Geschichte erzählen über das Leben in der Welt und über die Weltbürger – seit mehr als 30 Jahren konservier­t er sie in seinen Texten. Es folgt ein Galopp durchs Buch. Altmann liest mit leichtem Altöttinge­r Dialekt. Er erzählt von liebestoll­en Senioren, von jungen Kriegsopfe­rn und noch jüngeren Schreihäls­en. Wenn eine Geschichte auserzählt ist, sagt er „So!“und leitet sofort zur nächsten über. Manchmal malt er mit dem Finger einen Strich in die Luft. Er sagt: „Ich frage mich in der Früh, ob ich heute kratzbürst­ig bin oder lieb.“Die Düsseldorf­er hatten Glück. Er war lieb.

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