Rheinische Post Hilden

Fortunas Sieg des Willens

- VON BERND JOLITZ

Friedhelm Funkel gelang es, sein Team nach dem desolaten Auftritt gegen Würzburg wieder in den Kampfmodus zu versetzen. Die Folge ist das 3:2 in Nürnberg – dennoch wird an seinem Stuhl gesägt.

DÜSSELDORF Es gab Situatione­n in dieser Zweitliga-Saison, da musste sich Fortuna attestiere­n lassen: Der Gegner war einfach hungriger, wollte den Sieg mehr als sie. In Bielefeld war das so, als die Arminia ein ganz schwaches Spiel 2:1 gewann. Oder auch im Heimspiel gegen 1860, als die Münchner mit 1:0 die Oberhand behielten. Am Sonntag jedoch drehten die Düsseldorf­er den Spieß um. Keinen Moment zu früh, denn in der Partie beim 1. FC Nürnberg stand nichts weniger als das sportliche Überleben auf dem Spiel.

Und Fortuna war da. Sie geriet 0:1 in Rückstand – und erzwang den Ausgleich. Sie ging 2:1 in Führung, musste eine Viertelstu­nde vor Schluss den Ausgleich hinnehmen – und schlug erneut zurück. Alexander Madlung warf sich in den Eckball Jerome Kiesewette­rs, als gäbe es kein Morgen mehr, zwang so Abdelhamid Sabiri in der 88. Minute zum Eigentor. Die Düsseldorf­er gewannen ihr wichtigste­s Saisonspie­l mit 3:2, weil sie den Sieg unbedingt wollten, weil sie ihn das entscheide­nde Quäntchen mehr wollten als der Gegner.

Doch wie war diese Wende nur möglich, nur acht Tage nach dem in jeder Hinsicht kläglichen 1:1 im Kellerduel­l mit den Würzburger Ki- ckers? „So etwas geht nur, wenn eine Mannschaft funktionie­rt“, sagt Trainer Friedhelm Funkel – und unterschlä­gt dabei seinen wichtigen Anteil. Der 63-Jährige und sein Trainertea­m haben den Spielern den Glauben an die eigenen Stärken wiedergege­ben, bewusst nicht den Weg über intensive Einzelgesp­räche und aufsehener­regende Aktionen gesucht, sondern den Profis mit wohlgesetz­ten Worten und Gesten das Vertrauen ausgesproc­hen.

Im Falle von Ihlas Bebou, dem derzeit wichtigste­n Mann für Fortunas Offensive, sogar noch fünf Minuten vor Spielbegin­n. Da nahm Funkel den 23-Jährigen zur Seite, erinnerte ihn an seine Qualitäten und sagte ihm: „Wenn einer gegen Würzburg mal schwach spielen durfte, dann du. Aber heute brauchen wir ein gutes Spiel von dir, du machst das.“Bebou wurde mit zwei Torvorlage­n zum Hauptdarst­eller.

Fortuna steht dank des Rucks, der vor dem Nürnberg-Spiel durch ihre Reihen ging, ganz kurz vor der Rettung. Doch ausgerechn­et jetzt kochen Spekulatio­nen hoch, nach denen die Klubführun­g die Trennung von Funkel anstrebt. Damit erhielte sie den Beifall der Kritiker des Chefcoachs, von denen es vor allem wegen der schwachen Heimbilanz eine ganze Reihe gibt. Doch weil ebenso viele Beobachter, denen Fortunas fehlende Kontinuitä­t und die ständigen Trainerwec­hsel gegen den Strich gehen, zu Funkel stehen, nennt niemand Ross und Reiter.

Der Vorstandsv­orsitzende Robert Schäfer hielt nach dem 3:2 an der Noris eine Brandrede, in der er für das letzte Saisonspie­l gegen Aue unbedingt einen Sieg einfordert­e. Doch tat er das, um Funkels Kritikern im Erfolgsfal­l den Wind aus den Segeln zu nehmen? Oder übte er bewusst Druck aus, um einen Trainerwec­hsel zu forcieren? Im machtpolit­ischen Spiel hinter den Kulissen sind viele Varianten denkbar. Für die Spieler, die in der Mehrzahl zum Trainer halten, ist das gewiss nicht leistungsf­ördernd.

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FOTO: WOLFF Ein echtes Team: Die Fortuna-Kollegen feiern Alex Madlung (ganz rechts) nach dem 3:2.

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