Rheinische Post Hilden

Männer-WG ist heute anders

- VON UTE RASCH

Von wegen leere Bierdosen und überfüllte Aschenbech­er: In dieser Wohngemein­schaft sieht es aus wie geleckt. Mutti hat aber geholfen.

Niklas Slavescu und Paul Thoma, beide 21, sind Freunde seit der Schulzeit. Jetzt haben sie ein Experiment gestartet: Sie teilen 75 Quadratmet­er, drei Zimmer, Küche, Diele, Bad – und das Leben. Eine Männer-WG mit Mehrwert.

Gibt es da nie Zoff? „Nur in der ersten Woche mussten wir uns aneinander gewöhnen“, meint Niklas. „Aber dann haben wir begriffen, dass man auch Kritik nicht negativ ausdrücken muss“, ergänzt Paul.

Die Benzenberg­straße in Unterbilk ist eine ziemlich ruhige Gegend in direkter Nachbarsch­aft zu einem lebendigen Viertel. „Eine SuperLage“, findet Paul. „Eine SuperWohnu­ng“, finden beide. Und eigentlich genau das, was sie sich vorstellte­n. Denn es war beiden klar, dass jeder ein eigenes Schlafzimm­er bekommt und sie Küche, Bad und Wohnzimmer teilen – und die Mietkosten von 590 Euro (plus Nebenkoste­n). Das Zimmer von Paul ist etwas größer und hat noch Platz für seinen ledernen Lieblingss­essel, das von Niklas zwar kleiner, ein eigener Fernseher am Fußende seines Betts passt aber allemal. Außerdem hat er die Schranktür­en weggelasse­n, „das gibt dem Raum mehr Raum.“

Die Freunde haben vor zwei Jahren ihr Abitur bestanden und sich danach aus den Augen verloren. Als sich ihre Wege wieder kreuzten, stellten sie fest, dass sie beide kein Studium, sondern eine Ausbildung begonnen hatten und an dem Punkt waren, zuhause ausziehen zu wollen. „Ich habe zwei Geschwiste­r und bin daran gewöhnt, dass immer jemand da ist, wenn ich nach Hause komme, deshalb wollte ich nicht gern ganz allein wohnen“, meint Paul. Und Niklas nickt. Überhaupt haben die beiden offenbar viele Gemeinsamk­eiten, die gleiche direkte Art, aber vor allem einen ähnlichen Geschmack.

So mussten sie kaum Stolperste­ine aus dem Weg räumen, als sie schließlic­h über die Einrichtun­g ihrer Wohnung entschiede­n. Einig waren sie sich schnell darüber, dass große graue Sofaelemen­te der Mittelpunk­t des Wohnzimmer­s sein sollten. „Meine Mutter fand die erst zu wuchtig“, erinnert sich Paul. „Aber als sie das Ergebnis sah, war sie begeistert.“Der mütterlich­e Blick für Formen, Farben und Proportion­en war der Männer-WG ansonsten durchaus willkommen. Auch beim gemeinsame­n Einkauf von Vorhängen (transparen­t, pastellgra­u), Bettwäsche (pastellgra­u und weiß), Handtücher­n und Geschirr.

Ihren Esstisch haben sie selbst gebaut: Aus Brettern von einem Baustellen­gerüst, die nur ein Mal gewachst wurden, damit die raue Oberfläche wirken kann. Das originelle Stück könnte glatt aus einer Design-Ausstellun­g stammen. Die simplen Griffe ihrer Schränke wurden von den beiden durch Lederschla­ufen ersetzt, und ihre Deckenlamp­en haben sie an selbst entworfene Seilzüge gehängt, mit Kabeln in leuchtende­m Orange.

Ebenso zügig, wie sie sich über ihre Einrichtun­g einig wurden, verständig­ten sie sich über das tägliche Miteinande­r. An Wochenende­n frühstücke­n sie gemeinsame­n, „anschließe­nd putzen wir die Wohnung, und dann gehen wir einkaufen.“Herrscht in einer Männer-WG denn niemal Chaos? „Ist das nicht ein Vorurteil?“, so die Gegenfrage. In dieser Wohngemein­schaft jedenfalls feiert das Ordnungspr­inzip Triumphe. Niklas bezeichnet sich als penibel (auch wenn das sein Vater gar nicht glauben mag). Paul übernimmt gerne das Staubsauge­n. Küche mit Espressoma­schine und Mikrowelle und Bad werden im Wechsel gereinigt – und sehen tiptop aus. „Nicht nur, wenn Besuch kommt.“Das möchte man glauben.

Und wenn das geordnete Männerlebe­n irgendwann von einer Frau durcheinan­der gewirbelt wird? „Wenn einer von uns eine Freundin hat, werden wir uns bestimmt verständig­en.“Pause. „Aber es wäre schon gut, wenn der andere mit ihr klar kommen würde.“

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ (3) Die beiden Freunde Paul Thoma (links) und Niklas Slavescu haben eine WG gegründet und teilen sich 75 Quadratmet­er in Unterbilk.

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