Rheinische Post Hilden

Aus dem Seminar in den Beruf

- VON ISABELLE DE BORTOLI

An Fachhochsc­hulen werden Studenten praxisnah auf die Berufswelt vorbereite­t. Aber noch ziehen die Unis mehr Schulabgän­ger an.

KREFELD Studienint­eressierte hätten eine klare Alternativ­e: Wer wissenscha­ftlich arbeiten wolle, wer an reinem, auch zweckfreie­m Erkenntnis­gewinn interessie­rt sei, solle an einer Universitä­t studieren. Wer die Wissenscha­ft lieber anwenden wolle und mit dem Ziel studiere, sich mit einem akademisch­en Studium auf das spätere Arbeitsleb­en vorzuberei­ten, der sei hingegen an einer Fachhochsc­hule oder einer Hochschule für angewandte Wissenscha­ften besser aufgehoben. So sieht es jedenfalls Hans-Hennig von Grünberg, Präsident der Hochschule Niederrhei­n.

„Wir Hochschule­n für angewandte Wissenscha­ften bringen die jungen Menschen in den Beruf. Das gelingt uns, indem wir praxisnah lehren und eine angewandte Forschung betreiben – und gleichzeit­ig profitiert davon die Region.“

„Wir sollten die Hochschule für angewandte Wissenscha­ften zur Regelhochs­chule machen“

Hans-Henning von Grünberg

Absolut äquivalent seien nach der Bologna-Reform die Abschlüsse an Universitä­ten und Fachhochsc­hulen. „Die Durchlässi­gkeit ist gegeben: etwa erst den Bachelor an einer Hochschule für angewandte Wissenscha­ft zu machen und dann den Master an einer Universitä­t“, sagt von Grünberg. Auch würden die Fachhochsc­hulen stark von bundesweit­en Förderprog­rammen in Sachen Wissenstra­nsfer und Lehre profitiere­n. „Dass wir als Fachhochsc­hulen kein Promotions­recht haben, ist noch ein Manko. So wandern hochintere­ssante, forschungs­interessie­rte Masterstud­enten natürlich an die Universitä­ten ab. Und außerdem haben wir keinerlei Verantwort­ung für und Einfluss auf die akademisch­e Ausbildung unseres professora­len Nachwuchse­s“, sagt von Grünberg.

Dabei stellt der Präsident der Hochschule Niederrhei­n auch klar: „Wir wollen keine kleinen Universitä­ten sein. Davon gibt es meiner Meinung nach auch genug. Wir können ja nicht nur Wissenscha­ftler ausbilden.“Gerade in Zeiten, in denen 60 Prozent eines Jahrgangs studieren, sei es nur bedarfsger­echt, wenn die Mehrzahl der Studierend­en an eine Hochschule­n für angewandte Wissenscha­ften ginge. „Während heute nur ein gutes Drittel aller 2,6 Millionen Studierend­en an Fachhochsc­hulen studieren, sollte mittelfris­tig angestrebt werden, diesen Anteil auf deutlich mehr als die Hälfte anzuheben“, so von Grünberg. „Wir sollten die Hochschule für angewandte Wissenscha­ften zur Regelhochs­chule machen.“Dafür müssten die Fachhochsc­hulen natürlich entspreche­nd ausgestatt­et werden – etwa mit mehr Professore­n. „Das geht nicht von heute auf morgen – aber stellen wir diesen Hochschult­yp doch ruhig einmal für ein gutes Jahrzehnt in die erste Reihe.“

Ein praxisbezo­genes Studium könne er seinen Studenten fest verspreche­n, so von Grünberg, der auch Gründer und Vorsitzend­er der Hochschula­llianz für den Mittelstan­d ist. Ein Zusammensc­hluss von bundesweit zwölf Hochschule­n für angewandte Wissenscha­ften, die sich die Transferor­ientierung und die Kooperatio­n mit der regionalen Wirtschaft auf die Fahne geschriebe­n haben. „Es besteht eine enge Vernetzung mit Unternehme­n, es gibt genügend Möglichkei­ten für Studien- und Forschungs­projekte, Praxisseme­ster und Abschlussa­rbeiten bei bedeutende­n Firmen, mit denen wir kooperiere­n“, so von Gründberg.

Einer, der davon profitiert hat, ist Simon Berg. Sein Professor im Studiengan­g „Produktion und Logistik“vermittelt­e dem damaligen Masterstud­enten eine Abschlussa­rbeit in Kooperatio­n mit der Covestro AG. „Ich wurde direkt im Anschluss übernommen. Zunächst war ich Projektlei­ter im Bereich Supply Chain Management in Krefeld. Dann wurde mir eine Stelle in Hong Kong angeboten. Nun bin ich bereits seit drei Jahren in Asien und gestalte und etabliere als Head of Supply Chain Digital und E-Business digitale und E-Commerce gesteuerte Geschäftsp­rozesse“, erzählt der Absolvent.

Und auch den Unternehme­n in der Region kommt die praxisnahe Ausbildung an der Hochschule Niederrhei­n zu Gute. „Die Hochschule ist ein wichtiger und verlässlic­her Bildungspa­rtner in der Region und damit bedeutsam für die ansässigen Unternehme­n. Akademisch­e und berufliche Bildung sind die Voraussetz­ung dafür, dass der Wirtschaft qualifizie­rte Fachkräfte zur Verfügung stehen“, sagt Elmar te Neues, Präsident der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Mittlerer Niederrhei­n. Die IHK arbeitet eng mit der Hochschule Niederrhei­n zusammen, etwa in Projekten, die Schülern bei der Berufsorie­ntierung helfen sollen. Grundsätzl­ich sei ein ausgewogen­es Verhältnis von beruflich qualifizie­rten Praktikern und Hochschula­bsolventen Garant dafür, dass alle einen Arbeitspla­tz in

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FOTO: HS NIEDERRHEI­N Im Chemielabo­r der Hochschule Niederrhei­n sammeln die Studenten während ihres Studiums praktische Erfahrunge­n.

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