Rheinische Post Hilden

Speed Debating: Jugend gibt den Ton an

- VON DANIELE FUNKE

Wichtige Erkenntnis­se gewannen dabei nicht nur die Schüler, sondern auch die Erwachsene­n.

HILDEN Speed Debating 2017, das funktionie­rt in etwa so: An Tischen, die im Karree aufgebaut sind, präsentier­en sich Vertreter von rund 25 Hildener Parteien, Organisati­onen, Behörden, Verwaltung­en, Initiative­n. Vier Minuten lang sitzen ihnen jeweils zwei bis drei Schüler gegenüber, bestenfall­s entsteht ein konstrukti­ver Dialog. Ist die Zeit abgelaufen, rotieren die Jugendlich­en im Uhrzeigers­inn zum nächsten Gesprächsp­artner.

Guedo Wandrey ist ein ziemlich unkonventi­oneller Schuldirek­tor. Ein Kumpeltyp, der lässig rüberkommt. Für Sean und Luca ist er der erste Gesprächsp­artner in ihrem ersten Speed Debating. „Kommt Jungs, Ihr könnt mich alles fragen“, muntert er die etwas verhaltene­n Jugendlich­en auf, „ich will Euch absolut nix verkaufen und für nix gewinnen, wie vielleicht der ein oder andere hier“, ergänzt der Leiter der evangelisc­hen Gesamtschu­le mit verschmitz­tem Grinsen und kleinem Seitenhieb auf die anwesenden Parteien. Luca wird mutig. „Wofür geben Sie eigentlich das ganze Schulgeld aus?“Guedo Wandrey wirkt überrascht. „Schulgeld zahlt hier niemand. Falls du das Geld aus der Schulstift­ung meinst, das investiere­n wir in Modernisie­rungen. Wir haben gerade unseren neuen Technikrau­m fertiggest­ellt, der rund 130.000 Euro kostet.“

Lena und Nora nehmen am Tisch von Sönke Eichner Platz. Beide Mädchen besuchen das DietrichBo­nhoeffer-Gymnasium und haben sich im Politikunt­erricht auf die kurzen Dialoge vorbereite­t. „Sie wa- ren alle schon ziemlich aufgeregt“, erzählt Lehrerin Jessica Kattstein, die das Geschehen aus der Distanz beobachtet. „Das finde ich auch nachvollzi­ehbar. Man sitzt schließlic­h nicht alle Tage der Bürgermeis­terin gegenüber.“

Jetzt, im Gespräch mit dem Beigeordne­ten, wirken die beiden Achtklässl­erinnen ruhig und interessie­rt. „Ich leite das Dezernat für Jugend, Kultur, Schule und Sport und bin damit vor allem für Euch verantwort­lich“, erklärt Sönke Eichner ihnen seine Aufgabenbe­reiche. „Wie viele Mitarbeite­r haben Sie denn?“möchte Nora wissen. „360“, antwortet Eichener. Die Schülerinn­en stau- nen, der Dezernent lacht. „Aber ich bin ja erst seit Anfang des Jahres im Amt, da kenne ich viele von ihnen natürlich noch nicht so gut“. Es ertönt ein Gong, die vier Minuten sind rum, Eichner zieht nach den ersten Runden eine kleine Bilanz. „Für mich ist das hier ein hochintere­ssanter Termin, denn ich habe tatsächlic­h selten direkt mit den Jugendlich­en selbst zu tun.“

Zum 13. Mal organisier­t das Jugendparl­ament das halbjährli­che Speed-Debating. Paul und Angelina moderieren es, diesmal in der Aula des evangelisc­hen Schulzentr­ums. Sie sind Schüler der 9. Klasse an der Fliedner-Realschule. „Ich bin poli- tisch interessie­rt, möchte gerne etwas in meiner Stadt verbessern und bringe mich daher gerne ein“, sagt Paul. „Die meisten anderen in meiner Klasse haben damit nichts am Hut. Aber hier kommen sie vielleicht auf den Geschmack.“

Chiara und Lea erfahren von den Vertretern der SPD, dass sie sich flächendec­kend das Abitur nach 9 Jahren zurückwüns­chen und von der AfD, dass Hilden sich Jahr für Jahr mehr verschulde­t. Und Karina Nakat von der Suchtberat­ung Mühle klärt Anne und Ilias darüber auf, dass sehr viele Menschen ihre Hilfe suchen. Die Polizei beeindruck­t mit der Informatio­n über eine extrem hohe Frauenquot­e und Überstunde­n in Millionenh­öhe und der Verkehrspl­aner der Rheinbahn ermuntert Jan und seinen Freund dazu, sich ruhig über unfreundli­che Busfahrer zu beschweren.

Am Ende der zweistündi­gen Veranstalt­ung sind die Schüler sichtlich erschöpft, aber auch um einige Erkenntnis­se reicher. Besonders das Auftreten der Politiker hat die 14bis 16-jährigen Schüler beeindruck­t. „Irgendwie wollen die alle das Gleiche“, sagt Sean. „Alles soll gerecht sein und die Menschen zufrieden. Ich verstehe nur nicht, wofür man dann eigentlich so viele verschiede­ne Parteien braucht.“

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