Rheinische Post Hilden

Die Schule der ökonomisch­en Weltelite

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Was haben der italienisc­he EZB-Präsident Mario Draghi, der griechisch­e Ex-Premier Lucas Papademos, der französisc­he frühere IWF-Chefvolksw­irt Olivier Blanchard und der amerikanis­che Publizist und Ökonomie-Nobelpreis­träger Paul Krugman gemeinsam? Sie sind Zöglinge des Massachuss­etts Institute of Technology (MIT) im amerikanis­chen Cambridge, wenige Kilometer von der weltbesten Universitä­t , der Harvard University, entfernt.

Das MIT ist eigentlich eine altehrwürd­ige technische Hochschule aus dem 19. Jahrhunder­t. In der Ökonomie gelangte sie zu Weltruhm, als Paul A. Samuelson, der wohl wichtigste Wirtschaft­swissensch­aftler nach 1945, dort einzog. Er schrieb mit den „Foundation­s of Economic Analysis“(Grundzüge der ökonomisch­en Analyse) das Grundgeset­z der Nationalök­onomie. In seine Schule eilten so wichtige Denker wie Robert Solow oder Franco Modigliani, allesamt Nobelpreis­träger.

Wer in internatio­nalen Organisati­onen oben sitzt, kommt meist aus dem Massachuss­etts Institute of Technology, der wichtigste­n ökonomisch­en Denkfabrik der Welt.

Heute sitzen insbesonde­re die Schüler des Wachstumst­heoretiker­s und Makroökono­men Solow an den wichtigste­n Schalthebe­ln der Finanzwelt, allen voran Draghi als Herr des Euro. Sie vertreten einen zwar technische­n, mathematis­ch und statistisc­h fundierten, aber auch pragmatisc­hen Ansatz in der Wirtschaft. Die verstehen sich als Reparateur­e eines ökonomisch­en Systems, das seit mehr als einem Jahrzehnt aus den Fugen geraten ist.

Intellektu­ell sind ihre Gegner die Wirtschaft­swissensch­aftler der Chicago School, die auf die Selbstheil­ungskräfte des Marktes setzen und in Staatsinte­rventionen nur Übles vermuten. Die MIT-Absolvente­n sind davon überzeugt, dass es neben Staats- auch Marktversa­gen gibt und Fehlentwic­klungen mit ingenieurh­aften Eingriffen zu reparieren sind. Zurzeit sind die MIT-Pragmatike­r in den wichtigste­n Finanzinst­itutionen tonangeben­d. Einen Gegner haben sie indes noch nicht bezwungen: die ordnungspo­litische Orthodoxie, die im Bundesfina­nzminister­ium herrscht. Doch das könnte sich ändern, wenn Merkel nach den Wahlen eine pragmatisc­he Lösung der Eurokrise anstrebt.

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