Linke sieht sich durch Briten „ermutigt“
HANNOVER (may-) Ein Linken-Bundesparteitag ohne beinharten Richtungsstreit im Vorfeld – schon das ist neu bei den demokratischen Sozialisten. Ein wenig Nervosität, ob sich alle hinter dem Ziel Regierungsfähigkeit versammeln oder doch die alten Reflexe des beliebten Oppositionswahlkampfes zucken. Doch im Grunde ist die Sache beim Auftakt gestern Abend im Congress Centrum von Hannover entschieden. „Wir wollen nicht nur wieder drittstärkste Partei werden, wir wollen das Land verändern“, ruft Parteichefin Katja Kipping. Es kommen keine Bedenken zurück.
Die Wahlpleite für die konservative britische Regierungschefin Theresa May und den starken Zugewinn für den Labour-Führer Jeremy Corbyn zahlt kräftig ein in die Stimmungslage der Linken. Das sei ein „ermutigendes Signal“, sagt Kipping, und stellt heraus, dass das Labour-Programm dem der Linken „sehr nahe“komme. Und da es in Deutschland keinen Corbyn gebe, müsse sich für die Linken entscheiden, wer etwas Ähnliches wählen wolle.
Besonders stolz ist die Linke auf ihr „seriös durchgerechnetes“Programm, das sie in den nächsten „aufregenden 15 Wochen des Wahlkampfes“verbreiten will. Wer 3500 Euro im Monat habe, werde durch die Linke im Jahr 2000 Euro mehr bekommen, und die Verkäuferin 270 Euro mehr Rente im Monat. Niemand werde unter 1050 Euro fallen. Bezahlen will es die Linke unter anderem durch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 53 Prozent, und zwar schon ab 70.000 Euro Verdienst. Dafür geht die Partei schon mal zum Du über: „Wir kämpfen dafür, dass Dein Leben besser wird“, kündigt Kipping an. Drei Tage werden sich die Delegierten durch 1300 Änderungsanträge arbeiten, um an den Formulierungen des Entwurfs zu feilen. Knallharte Auseinandersetzungen werden nicht erwartet.