Rheinische Post Hilden

Mauer der Champions

- VON ECKHARD CZEKALLA

Die Schikane vor Start und Ziel in Montreal hat es in sich. Es geht knapp zu, nicht immer stimmt die Richtung.

MONTREAL/DÜSSELDORF Präzision ist gefragt. Die TV-Bilder zeigen eindrucksv­oll, wie knapp es an einer Stelle auf der Rennstreck­e von Montreal zugeht – nach der Kurve 14, wenn es an der Wall of Champions entlang weitergeht, oder auch nicht. Erstmals drehten 1978 die Formel-1-Piloten ihre Runden auf der Île Notre-Dame, einer künstliche­n Insel im Sankt-Lorenz-Strom. In diesem Jahr wurde erneut am Kurs gearbeitet. Betroffen ist auch die Passage, die zu den populärste­n im Formel-1-Programm gehört. Angesichts der neuen Autogenera­tion, die schneller und breiter ist, wurde die Wall of Champions entschärft.

Schon länger ist der Auslauf hinter der letzten Schikane vor Start und Ziel asphaltier­t. Damit erhalten Fahrer, die sich beim Abbremsen innerhalb von knapp 100 Metern von 320 km/h auf Tempo 140 verschätze­n, eine Chance, im Rennen zu bleiben. Sie werden für ihren Fahrfehler oft nur gering bestraft, da sie zwar etwas Zeit verlieren, aber nicht im Kiesbett stecken bleiben und das Rennen fortsetzen können.

Seinen Namen erhielt der Streckenab­schnitt nach dem Rennen am 13. Juni 1999. Gleich drei Champions mussten ihre Hoffnungen an der Wall begraben. Michael Schumacher, Weltmeiste­r 1994 und 1995 im Benetton, verlor in Führung liegend nach dem Ritt über die Kerbs (Streckenbe­grenzung) die Kontrolle. Der Schnellste des Qualifying­s musste zusehen, wie McLaren-Mercedes-Pilot Mika Häkkinen das Rennen gewann. Am Ende der Saison hatte der Finne den ersten seiner beiden Titel in der Tasche. Schumacher brach sich knapp einen Monat nach Montreal bei seinem Unfall in Silverston­e ein Bein und wurde bei Ferrari durch Häkkinens Landsmann Mika Salo ersetzt.

Im selben Rennen von Montreal erwischte es auch Jacques Villeneuve im BAR, nach dessen Vater die Strecke seit 1982 benannt ist. Gilles war fünf Wochen vor dem KanadaGran­d-Prix beim Qualifying zum WM-Lauf in Zolder (Belgien) tödlich verunglück­t. 1997 hatte Jacques schon einmal die Wall „geküßt“. Am Ende des Jahres gewann der Kanadier aber seinen ersten und einzigen WM-Titel im Williams-Rennwagen.

Dritter Champion, der 1999 an der Wall scheiterte, war Damon Hill. Der Engländer hatte 1996 als Teamkolleg­e von Jacques Villeneuve bei Williams den WM-Titel geholt. Kurz nach dem Rennen in Montreal gab der Sohn von Graham Hill seinen Rücktritt zum Jahresende bekannt. Sein Vater hatte sich 1962 und 1968 die Formel-1-Krone aufgesetzt. Er starb im Alter von 46 Jahren am 29. November 1975, als sein von ihm pilotierte­s Privatflug­zeug beim Landeanflu­g abstürzte.

Gestern forderte die Wall of Champions keine weiteren Ausfälle. ZUnächst gaben die beiden Superstars des 20-köpfigen Fahrerfeld­es den Ton an. Mercedes-Pilot Lewis Hamilton, mit 25 Punkten Rückstand nach Montreal gekommen, war im ersten Training um 0,198 Sekunden schneller als WM-Spitzen- reiter Sebastian Vettel, der 2011 mit der berühmten Mauer Bekanntsch­aft machte – allerdings im Training. Wichtiger noch war, dass die Silberpfei­le diesmal die Reifen besser ans Arbeiten brachten. Das war zuletzt die große Schwäche. Im zwieiten Training lag Hamilton erneut vor Vettel (0,050 Sekunden), die schnellste Runde aber drehte Vettels Teamkollge Kimi Räikkönen.

Was die Zeiten wert sind, wird sich heute (19 Uhr MESZ/RTL) beim Qualifying zeigen. Abgerechne­t wird ohnehin erst nach dem siebten WM-Lauf (morgen, 20 Uhr/RTL).

 ?? FOTO: IMAGO ?? Kaltverfor­mung in Montreal: Weltmeiste­r Sebastian Vettel schaute heute vor sechs Jahren auf seinen Red-Bull-Renault, den er im Training an der Wall of Champions parkte. Auch im Rennen lief es für ihn nicht rund. In Führung liegend kam er in der letzten...
FOTO: IMAGO Kaltverfor­mung in Montreal: Weltmeiste­r Sebastian Vettel schaute heute vor sechs Jahren auf seinen Red-Bull-Renault, den er im Training an der Wall of Champions parkte. Auch im Rennen lief es für ihn nicht rund. In Führung liegend kam er in der letzten...

Newspapers in German

Newspapers from Germany