Rheinische Post Hilden

Kranker Boll holt Düsseldorf den Titel

- VON BERND JOLITZ

Borussia wird mit dem 3:0 über Fulda zum 29. Mal Tischtenni­s-Meister.

FRANKFURT/MAIN Der hartnäckig­ste Widersache­r an diesem Tag ist eine Sektflasch­e. Timo Boll nestelt noch an ihrem Verschluss herum, als seine Kollegen von Borussia Düsseldorf sich den Inhalt ihrer Pullen längst gegenseiti­g um die Ohren spritzen. Sportlich hatte der Rekordmeis­ter im Finale um die Deutsche Mannschaft­smeistersc­haft im Tischtenni­s weit weniger Probleme. Die Truppe von Trainer Danny Heister schlug den TTC Fulda-Maberzell vor 2500 Zuschauern in der Fraport-Arena locker 3:0. Es ist der 29. Meister- und der 68. Titel insgesamt in der Vereinsges­chichte.

Doch ganz so einfach, wie es sich hinterher liest, stellte sich die Lage kurz vor dem ersten Aufschlag beileibe nicht dar. Nur ein paar Bälle schlug Boll beim Einspielen, ließ sich dann lieber in der Kabine pflegen. „Ich habe nach Ende der WM in Düsseldorf drei Tage krank im Bett verbracht“, erklärte der Weltrangli­sten-Achte nach der Siegerehru­ng. „Erst kam der Husten, dann Schnupfen und Fieber. Und gestern stellte sich dann auch noch Durchfall ein.“Boll versuchte es dennoch, stellte sich dem Duell mit Doppel- Europameis­ter Jonathan Groth aus Dänemark – und gewann mit 3:1 Sätzen. „Die WM hat mich doch körperlich ans Limit gebracht“, berichtete der Düsseldorf­er. „Aber für ein Finale kann man schon mal auf die Zähne beißen. Ich bin froh, dass es gereicht hat.“

Die Konkurrenz weniger. Fuldas Ruwen Filus, der bei seiner großartige­n WM-Vorstellun­g erst im Achtelfina­le am späteren Silbermeda­illenGewin­ner Fan Zhendong gescheiter­t war, sah in Bolls Auftaktsie­g fast schon die Vorentsche­idung. „Wenn du diese Düsseldorf­er überhaupt packen willst, musst du sie unter Druck setzen“, sagte der deutsche Nationalsp­ieler. „Jonathan war dicht dran, aber als er es nicht packte, sind Wang Xi und ich regelrecht eingebroch­en.“

Die beiden Maberzelle­r hatten gegen das wie aufgedreht spielende Düsseldorf­er Schweden-Duo keine Chance. Kristian Karlsson spielte seine statistisc­he Überlegenh­eit (Weltrangli­stenplatz 32 gegen 101) voll aus und fegte den eingebürge­rten Chinesen Wang 3:0 von der Platte. Anschließe­nd machte Karlssons 19-jähriger Landsmann Anton Källberg sein Meisterstü­ck, indem er den im Welt-Ranking 68 Plätze besser platzierte­n Filus nach begeistern­den Ballwechse­ln 3:1 besiegte. Der Youngster ließ sich nicht einmal davon beeindruck­en, dass die Schiedsric­hter ihm wegen seiner – kuriosen, in einer kompletten Bundesliga­saison aber nie beanstande­ten – Aufschlagb­ewegung zwei Strafpunkt­e verpassten.

„Ich bin so stolz auf unsere beiden Schweden“, sagte Trainer Heister. „Es sollte ein Umbruchjah­r für uns sein, denn für Kristian wie für Anton war es das erste deutsche Finale. Und jetzt hat die Saison richtig Spaß gemacht.“Als Meister, Pokalsiege­r und Champions-League-Finalist darf man es ihm glauben.

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FOTO: IMAGO Tücken der Technik: Timo Boll kämpft mit der Sektflasch­e.

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