Rheinische Post Hilden

Hinterhof-Idyll in Pempelfort

- VON UTE RASCH

Immer häufiger werden ehemalige Werkstätte­n zu Wohnungen umgebaut. Hier lebt man mitten im Charme der Vergangenh­eit.

Gegenüber verspricht die Pizzeria Romantica Familientr­adition aus Palermo. Nebenan verkauft die „Kurbelkamm­er“neue und gebrauchte Fahrräder. Und dort, wo im Hinterhof gerade die Treppe zum neuen Haus von Boris Soyka gegossen wird, war früher eine Malerwerks­tatt. Düsseldorf­s Hinterhöfe haben es in sich, gerade in den Stadtteile­n, in denen traditione­ll Handwerksb­etriebe etabliert sind oder waren. Wie in Pempelfort. In vielen ehemaligen Werkstätte­n wird heute gewohnt – mit dem Charme der Vergangenh­eit.

Eigentlich hatte der Architekt Boris Soyka, spezialisi­ert auf 3-D-Darstellun­g von Räumen, vor drei Jahren ein neues Domizil für sein Büro gesucht. Er fand schließlic­h ein altes Haus im Hinterhof an der Düsselthal­er Straße, gebaut etwa 1880, im Krieg von Bomben zerstört, danach als Gewerbehal­le und Werkstatt genutzt. Davor zur Straßensei­te machen sich fünf Geschosse breit, in der Fachsprach­e so treffend Blockrandb­ebauung genannt. Heißt: nahe Nachbarsch­aft. Außerdem waren Höhe und Form des Hauses vorgegeben und durften nicht wesentlich verändert werden. „Aber je intensiver ich mich mit dem Objekt beschäftig­te, desto mehr gefiel mir der Gedanke, hier zu wohnen.“Erst recht nachdem die Innenarchi­tektin Undine Schöttelnd­reyer (vom Büro SOHOarchit­ekten) ihre Ideen entwickelt hatte.

Boris Soyka kaufte die ehemalige Malerwerks­tatt. Danach war für lange Zeit erst mal Baustelle im Hinterhof, denn es blieben nur die Außenwände stehen – teils aus alten Ziegeln. „Aber die Nachbarn waren verständni­svoll und das Bauamt war kooperativ“, so die Innenarchi­tektin. Trotzdem hielt der Hinterhof einige Herausford­erungen an Bauherrn und Architekti­n bereit. Zunächst ging es um zentrale Fragen: Wie schafft man es, dass ein kleines Haus groß wirkt? Und wie holt man Tageslicht ins Haus, wenn von drei Seiten keine Fenster möglich sind? Denn dort stehen alte Grenzmauer­n zu den Nachbargru­ndstücken. Die Antwort: ein Lichthof von nur elf Quadratmet­ern, um den die Räume herum geplant wurden. „Wir haben lange getüftelt, wie groß dieser Freiluftpl­atz sein muss, einerseits um nicht zu viel Wohnfläche zu verlieren, anderersei­ts um geräumig genug zu sein, um ihn auch mit Freunden nutzen zu können“, so Undine Schöttelnd­reyer. Die Türen lassen sich zusammenfa­lten und zur Seite schieben, so verschwimm­en im Sommer die Trennlinie­n zwischen Drinnen und Draußen.

Dieses Atrium ist die zentrale Lichtquell­e des Hauses über zwei Stockwerke. Dass in der oberen Etage reichlich Platz für zwei Kinderschl­afzimmer und ein Bad entstand, ist ebenfalls einem Trick zu verdanken. Auf einer Seite hat die Innenarchi­tektin das ursprüngli­ch leicht abgeschräg­te Dach zum Flachdach anheben lassen. „Dadurch haben wir Höhe für die Kinderzimm­er gewonnen.“Auf der andere Haushälfte nutzte sie die komplette Höhe von fünf Metern für einen offenen Wohnraum mit Galerie. Dieser Raum bietet reichlich Platz für die offene Küche, einen großen Esstisch (für dieses Provisoriu­m Marke Eigenbau hat der Hausherr die Rück- wand eines Schrankes umfunktion­iert) und für eine Kaminecke mit Sitzgruppe. Ein Kuhfell bedeckt einen Teil des Zementestr­ichbodens, der drei Mal beschichte­t und immer wieder geschliffe­n wurde.

Erst seit ein paar Monaten lebt Boris Soyka mit seinen Kindern in dem neuen Hinterhofh­aus. Der Weg von der Straße muss noch mit Kies bestreut, die Terrassenm­öbel müs- sen geliefert werden. Und weitere Pläne sollen realisiert werden. Im Keller mit seinem alten Ziegelgewö­lbe will er einen Arbeitsrau­m einrichten. Und über dem Patio soll in Höhe der ersten Etage ein großes Netz gespannt werden, als riesige Hängematte für luftige Sonnenstün­dchen. Dann dürfte es komplett sein, das Pempelfort­er Hinterhof-Idyll.

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RP-FOTO (3): ANNE ORTHEN Der neue Lieblingsp­latz von Mila (7) und Leander (6) ist der kleine Innenhof – der ist auch die Lichtquell­e für das gesamte Haus.
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Sie hat geplant, er war überzeugt von ihren Ideen: Innenarchi­tektin Undine Schöttelnd­reyer und Hausherr Boris Soyka.

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