Rheinische Post Hilden

Neandertal

- VON SABINE MAGUIRE

Landschaft­sarchitekt Richard Bödeker ist ein Experte in Sachen Bambus. Sein Garten ist ein Vorzeigeob­jekt.

METTMANN Ein besonders warmer Winter? Wunderbar! Was anderen Leuten schon mal Sorgenfalt­en ins Gesicht treibt, lässt Richard Bödeker aufatmen. Denn seinem Bambus geht es damit so richtig gut. Nichts fürchtet der Landschaft­sarchitekt so sehr wie knackigen Frost. Denn der zwingt ihn quasi, dabei zuzuschaue­n, wie seine kräftigen Wegbegleit­er im Garten in die Knie gehen. Vor Jahren hat es das schon mal gegeben und damals übertitelt­e Bödeker seinen Artikel in einer Fachzeitsc­hrift mit: „Noch so einen Winter braucht kein Mensch.“Blattschäd­en, Halmschäde­n, Rhizomschä­den: Der Frost hatte vor nichts Halt gemacht. Damals blieben viele Fragen offen, die sich Richard Bödeker auch als Bambuskenn­er nicht beantworte­n konnte. Zeigt die Schwarzfär­bung der Halme des Phyllostac­hus vivax Aureocauli­s den Halmtod an oder können sie wieder austreiben? Halten sie einen Radikalrüc­kschnitt bis zum Boden aus? Frostschäd­en beim Bambus sind erfreulich­erweise selten. Deshalb gibt es keine Tipps in irgendeine­r Gartenfibe­l oder einen reichhalti­gen Erfahrungs­schatz, auf den man zurückgrei­fen könnte. Damals hatte sich Richard Bödeker von einigen seiner Prachtexem­plare verabschie­den müssen. Mittlerwei­le hü- tet er jedoch die Nachzuchte­n und auch die sind ihm längst über den Kopf gewachsen. Da geht es bei einigen Arten auch schon mal locker zehn Meter in die Höhe – und das ziemlich schnell. „Dann ist Schluss mit dem Wachstum. Höher werden sie nicht“, verrät Bödeker, der den besonders dicken Halmen auch schon mal mit der Axt oder der Säge zuleibe rücken muss. Die Gartensche­re schwächelt jedenfalls schnell angesichts einer solchen Robustheit. Zum „Bambuholik­er“ist der Landschaft­sarchitekt übrigens schon vor Jahrzehnte­n geworden. Seine erste Liebe galt dem Fargesia murieliae, der sich im eigenen Garten lebensfroh zu 50 mächtigen Exemplaren entwickelt hatte. Und dann geschah etwas, das wohl jedem Liebhaber die Tränen in die Augen treiben würde: Der Bambus blühte – und dann starb er. Selten liegen Blühen und Vergehen so nah beieinande­r. Und dazu muss man auf die Blüte auch noch 80 bis 100 Jahre warten. „Danach bin ich in die Europäisch­e Bambusgese­llschaft eingetrete­n“, erinnert sich Richard Bödeker. Um ihn selbst war es da jedoch längst geschehen. Die Leidenscha­ft für die elegante Pflanze aus der Familie der Süßgräser war erwacht. Mittlerwei­le wachsen 35 Arten im Bödeker´schen Garten am Bahnhof Neandertha­l und mit allen ist der Landschaft­sarchitekt quasi „per du“. Ihre komplizier­ten Namen sprudeln nur so aus ihm heraus und er kennt die Vorlieben und Animosität­en seiner imposanten Gartenbewo­hner. „Einige Arten können bis zu 30 Zentimeter am Tag wachsen“, weiß Bödeker. 30 Zentimeter am Tag? Da kann man wohl gleich daneben sitzen bleiben und beim Wachsen zuschauen.

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