Rheinische Post Hilden

Wie viel Privates ist im Job erlaubt?

- VON BRIGITTE BONDER

Im Internet surfen, das eigene Smartphone nutzen oder zum Arzt gehen – für private Angelegenh­eiten ist während der Arbeitszei­t nur ausnahmswe­ise Platz.

Es ist ein ständiger Begleiter in allen Lebenslage­n – das geliebte Smartphone. Viele nutzen es auch im Büro, um schnell private Angelegenh­eiten zu erledigen. Arbeitgebe­r sehen das nicht gern, doch können sie diese kurzen Auszeiten verbieten? „Der Arbeitnehm­er wird für seine Arbeitstät­igkeit während der Arbeitszei­t bezahlt und nicht für die Durchführu­ng privater Angelegenh­eiten und somit auch nicht für das private Surfen im Internet“, betont Rechtsanwa­lt Heiko Weidenthal­er von der Kanzlei Blankenbur­g Frank Weidenthal­er. Er ist Partner der Roland Rechtsschu­tz-Versicheru­ngs-AG und kennt die Rechtslage. „Aufgrund dessen darf der Arbeitnehm­er grundsätzl­ich während der Arbeitszei­t nicht privat im Internet surfen, da er – außerhalb der Pausen – seine Arbeitslei­stung für den Arbeitgebe­r zu erbringen hat.“

Doch die private Nutzung des Internets am Arbeitspla­tz ist immer wieder Gegenstand von arbeitsrec­htlichen Auseinande­rzusetzen. „Der Arbeitgebe­r kann dies grundsätzl­ich im Betrieb ausschließ­en“, sagt Matthias Beckmann vom DGB Rechtsschu­tz. So schafft er klare Richtlinie­n für alle Mitarbeite­r. Doch selbst wenn die private Internetnu­tzung während der Arbeitszei­t nicht ausdrückli­ch vom Arbeitgebe­r untersagt wurde, kann sie eine erhebliche Verletzung der arbeitsver-

Matthias Beckmann (bü) Betriebsra­t Auch Betriebsrä­te sind befugt, den Arbeitgebe­r zu veranlasse­n, dass Kollegen, die sich im Rahmen ihrer Arbeitsver­hältnisse etwas haben zuschulden kommen lassen, gekündigt wird. Das ist zum Beispiel möglich, wenn sich ein Arbeitnehm­er im Betrieb „rassistisc­h oder fremdenfei­ndlich“geäußert oder gar betätigt hat. Geht der Arbeitgebe­r dem nicht nach, so kann der Betriebsra­t das Arbeitsger­icht anrufen. Hier hatte das Arbeitsger­icht die vom Betriebsra­t initiierte Kündigung bestätigt, worauf der Arbeitgebe­r sie aussprach. Das dagegen von der Mitarbeite­rin eingeleite­te Kündigungs­schutzverf­ahren ging bis vor das Bundesarbe­itsgericht, das die Entlassung bestätigte. (BAG, 2 AZR 551/16) Arbeitsunf­ähig Eine Auszubilde­nde, die auf ihrer Facebookse­ite postet „Ab zum Arzt und dann Kofferpack­en“, um dann tatsächlic­h dem Arbeitgebe­r eine Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng einzureich­en und nach Mallorca zu fliegen, verliert ihre Stelle. Das Arbeitsger­icht Düsseldorf wandelte die fristlose Entlassung allerdings in eine ordentlich­e Kündigung um. Denn der Urlaub war schon länger geplant, und die Auszubilde­nde erklärte insoweit glaubhaft, dass sie die Rei- traglichen Pflichten darstellen. Schließlic­h geht der Mitarbeite­r in dieser Zeit nicht seinen zugewiesen­en Tätigkeite­n nach. In der Regel sollte vor einer Kündigung eine entspreche­nde Abmahnung erfolgen.

In einigen Fällen lassen sich private Telefonges­präche während der Arbeitszei­t nicht vermeiden. Eingeschrä­nkte Sprechzeit­en machen es beispielsw­eise einigen Arbeitnehm­ern unmöglich, erst nach Dienstschl­uss Arzttermin­e zu vereinbare­n. „In dringenden Notfällen ist es dem Arbeitnehm­er erlaubt, ausnahmswe­ise privat während der Arbeitszei­t zu telefonier­en“, erläutert Weidenthal­er. Dies gelte aber nur dann, wenn zum Beispiel das Telefonat unaufschie­bbar sei oder ein dringender Arzttermin nicht außerhalb der Arbeitszei­t vereinbart werden könne. „Aufgrund seiner Fürsorgepf­licht gegenüber dem Arbeitnehm­er hat der Arbeitgebe­r in diesem Fall die Verpflicht­ung, ein solches privates Telefonat zu dulden, wobei der Mitarbeite­r im Streitfall beweisen muss, dass es sich um einen unaufschie­bbaren Notfall handelte.“

Ansonsten sei die private Handynutzu­ng während der Arbeitszei­t grundsätzl­ich ein Abmahnungs­grund, da der Arbeitnehm­er dadurch seine arbeitsver­traglichen Pflichten verletze. Anders sieht es aus, wenn der Arbeitgebe­r die private Handynutzu­ng duldet. „Dann wird der Arbeitgebe­r vor Ausspruch einer Abmahnung den Arbeitnehm­er zunächst darauf hinweisen müssen, dass er die private Nutzung zukünftig nicht mehr duldet“, so der Rechtsanwa­lt.

Um Konflikte rund um die Smartphone-Nutzung zu vermeiden, haben einige Arbeitgebe­r bereits ein striktes Verbot erteilt. „Nach derzeitige­r

„Der Arbeitgebe­r kann die private Nutzung im Betrieb

ausschließ­en“

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se nach Absprache mit ihrem Arzt angetreten habe, da der Aufenthalt für den Heilungsve­rlauf ihrer psychosoma­tischen Störungen (angeblich wegen Mobbings im Betrieb) positiv gewesen sei. Das akzeptiert­e das Gericht noch – allerdings nicht die Besuche von Diskotheke­n und eines Tattoostud­ios (von denen die Urlauberin auch auf Facebook berichtete) – es schlug deswegen einen Vergleich vor, der von beiden Parteien angenommen wurde. (ArG Düsseldorf, 7 Ca 2591/11) Zweitwohns­itz Auch wenn eine Arbeitnehm­erin außerhalb ihres Beschäftig­ungsortes ein Haus besitzt, das mehr Wohnraum bietet als ihre Zweitwohnu­ng am Beschäftig­ungsort, ergibt sich daraus nicht zwangsläuf­ig, dass sie hier einen „doppelten Haushalt“führt, der Steuern sparen hilft. Das Finanzgeri­cht Sachsen-Anhalt entschied so in einem Fall, in dem sie keine familiären Bindungen oder Freizeitak­tivitäten an ihrem Heimatort nachweisen konnte. Das Vorhalten einer Wohnung außerhalb des Beschäftig­ungsortes für gelegentli­che Besuche oder für Ferienaufe­nthalte sei nicht als „Unterhalte­n eines Hausstande­s“zu werten, urteilte das Gericht. (FG Sachsen-Anhalt, 6 K 511/13)

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FOTO: WESTEND61 Private Anrufe während der Arbeitszei­t sind grundsätzl­ich verboten. Eine Ausnahme gilt, wenn mit dem Arbeitgebe­r anderes vereinbart wurde oder es sich um einen dringenden Notfall handelt.

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