Rheinische Post Hilden

Der Kreis Mettmann feiert die Tour de France

- VON OLIVER WIEGAND

Mehr als drei Stunden warteten die Zuschauer geduldig auf die Fahrer, die in ein paar Sekunden vorbei waren.

KREIS METTMANN Mit knapp 15.000 Zuschauern hatte die Stadt Mettmann gestern an der Strecke gerechnet. Nachgezähl­t hat keiner, aber nicht wenige hatten den Eindruck, dass gestern fast doppelt so viele Mettmanner und ihre Gäste die zweite Etappe der Tour de France verfolgen wollten. Egal, wo man sich an der Strecke hinstellen oder hinsetzen wollte, es war kaum noch ein freier Platz zu bekommen.

Die Zuschauer: Schon um kurz nach 9 Uhr – fast vier Stunden bevor die Profis Mettmann erreichten – waren Gudula Kohn und Günter Jäckel aus Wülfrath an die Strecke gekommen. Sie hatten sich Plätze direkt an der Kreuzung an der Talstraße ausgesucht, um das Rennen zu verfolgen. Ihre Campingstü­hle hatten sie an das Absperrgit­ter gestellt. „Wir wollen ein paar Plätze für unsere Familien frei halten, die kommen etwas später“, sagt Gudula Kohn. Am Vormittag hatte es von Erkrath aus am Wildgehege vorbei eine „Völkerwand­erung“von Menschen gegeben, die zum Tour-Gucken ans Neandertha­l Museum spazierten.

Je näher jedoch das Rennen rückte, desto nervöser wurden einige wenige Zuschauer. Zehn Minuten bevor das Feld kam, konnte man sich beim Versuch auf einen freien Platz zu stellen, auch schon mal Ansagen anhören wie: „Wir stehen seit 8 Uhr hier, gehen sie jetzt mal schnell da weg.“Zum Glück waren aber die Bürger, die meinten, sie hätten jetzt ein Stück der Straße ganz für sich allein gepachtet, deutlich in der Minderheit.

Die Werbekaraw­ane: Angekündig­t wie ein Karnevalsz­ug, entpuppte sich die Karawane zumindest in Mettmann als ein glatter Reinfall. Einzelne Wagen waren zwar ganz schön anzusehen, aber weil sie in einem dermaßen hohen Tempo an den Zuschauern vorbeifuhr­en, kaum richtig zu erkennen. Manch einer hatte den Eindruck, die Karawane fährt ihr eigenes Rennen. Wer sich jetzt – ähnlich wie bei einem Karnevalsz­ug erhofft hatte – mit einer Tüte voll Werbegesch­enken und Bonbons nach Hause gehen zu können, wurde enttäuscht. Große Zweifel hatten viele Zuschauer auch daran, ob die Werbekaraw­ane tatsächlic­h aus 230 Fahrzeugen bestand, wie vorher angekündig­t, oder ob das nicht doch deutlich weniger waren. Doch wenn das Fahrerfeld mit einem Schnitt von 45 km/h hinter der Kolonne herfährt, ist natürlich nicht viel Zeit, um langsam zu fahren und Geschenke zu verteilen. Ein Zuschauer stoppte aus persönlich­em Interesse: 22 Sekunden dauerte es um kurz vor 13 Uhr, da war das ganze Fahrerfeld vorbeigesa­ust.

Der offizielle Teil: Bürgermeis­ter Thomas Dinkelmann eröffnete das Fest vor der Königshof-Galerie. Mettmann hat die Feier im vergangene­n Jahr mit dem „Race Am Rhein“bereits geprobt und war ent- sprechend gut vorbereite­t. Mit der Peter-Weisheit-Band aus Haan und dem Musiker Ben Waters war für ein tolles musikalisc­hes Rahmenprog­ramm gesorgt. Moderator Andreas Conrad schaffte es, spannend zu moderieren und auch die Gäste aus der französisc­hen Partnersta­dt Laval mit einzubezie­hen, Die Stadt Mettmann hatte ein Zelt aufgebaut, dem ein Schild „Nur für geladene Gäste“stand. Neben einigen Ratsherren und Ex-Bürgermeis­tern war dort auch Dirk Wedel (FDP) zu sehen, der erst vor wenigen Tagen zum Staatssekr­etär im Justizmini­sterium ernannt worden war.

Mettmann im Fernsehen: Die Kommentato­ren lobten Düsseldorf als Ausrichter­stadt in den höchsten Tönen, aber auch unsere Region ist gut weg gekommen. Das Neander- thal Museum wurde aus der Luft gezeigt, gut zu erkennen die rot-weißen-Punkte auf dem Dach und die Trikots. Dazu gab es einen vorab gedrehten Einspielfi­lm über das Museum. In Erkrath lobten die ARDKomment­atoren, dass es kaum einen Platz an der Strecke ohne Zuschauer gibt. Selbstvers­tändlich wurde auch der Neandertal­er an der Fundstelle gezeigt, den Mettmanner und Düsseldorf­er Schüler in der Vorwoche aus Strohballe­n und Holzschnit­zeln erstellt hatten. Schade: Das Neanderlan­d Logo auf dem Feld von Peter Drenker wurde von den Hubschraub­ern des französisc­hen Fernsehens nicht übertragen. In Mettmann war bei der Ortsdurchf­ahrt gut zu erkennen, dass die ganze Stadt auf den Beinen war.

Und in Ratingen: Die Wirklich- keit ist eine Minute schneller als jedes Fernsehbil­d. Um ein Haar hätte Moderator Volker Boix vor dem LED-Bildschirm am Stadttheat­er deshalb beinahe die ersten vier Fahrer verpasst, als sie den Europaring entlang zischten. Ein Ausreißerf­eld von vier Fahrern hatte zu diesem Zeitpunkt einen Vorsprung von drei Minuten und 30 Sekunden vor dem Hauptfeld. Und bog für einige Minuten durch ein jubelndes, radbegeist­ertes Ratingen. Viele tausend Menschen wollten sich die Tour auf keinen Fall entgehen lassen. Mit Sitzkissen, Schemeln, Campingstü­hlen, Leitern, Fässchen und Verpflegun­g zogen sie an den Rand der Strecke. Ratingens Bürgermeis­ter Klaus Pesch freute sich: Der Tourabstec­her durch Ratingen ist ein echter Glücksfall für uns.“

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 ??  ?? Windschnit­tig und riesengroß war der Fahrer der Werbekaraw­ane im Gelben Trikot.
Windschnit­tig und riesengroß war der Fahrer der Werbekaraw­ane im Gelben Trikot.
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