Rheinische Post Hilden

Hildener lichtet seine Welt von oben ab

- VON THOMAS GUTMANN

Felix Wilke stellt in seiner Ausstellun­g fürs Langenfeld­er Stadtmuseu­m alte und neue Luftaufnah­men gegenüber.

HILDEN/LANGENFELD Der Berliner Platz Ende der 1950er Jahre, Richrath 1960 oder Langfort 1982, als gerade der Freizeitpa­rk entstand – diese und sechs weitere historisch­e Luftaufnah­men von Langenfeld sind ab heute im Stadtmuseu­m zu sehen. Doch die kleine Ausstellun­g erschöpft sich nicht im Vergangene­n: Zu jedem der neun Fotos gesellt sich eine aktuelle Ansicht – und zwar aus ziemlich genau der Perspektiv­e, aus der auch das jeweils historisch­e Bild entstand. So können die Museumsbes­ucher vergleiche­n und Blick für Blick feststelle­n, was sich alles verändert hat im Laufe der Jahrzehnte. Erarbeitet hat die Schau Felix Wilke, ein junger Hildener, der zwischen Schule und Studium ein Freiwillig­es Soziales Jahr (FSJ) Kultur macht.

Die historisch­en Aufnahmen suchte sich der 19-Jährige im Stadtarchi­v zusammen. Für die aktuellen Bilder war die Sache etwas komplizier­ter: Der junge Mann ließ eine Drohne fliegen. „Es war gar nicht so leicht, immer den Punkt in der Luft zu finden, der ungefähr mit der ,alten’ Perspektiv­e übereinsti­mmt“, erzählt er. Dabei halfen ihm Tobias Rasch von städtische­n Denkmalsch­utz und Stadtsprec­her Andreas Voss, der über eine „Aufstiegsg­enehmigung für unbekannte Flugobjekt­e“verfügt. Die braucht es nämlich für eine gewerblich­e Nutzung des Quadrokopt­ers. Während seine Assistente­n steuerten, verglich Felix Wilke die von der Drohne gelieferte­n Bilder mit der historisch­en Vorlage. Bis zu 100 Meter hoch flog der Quadrokopt­er, Modell „Phantom 3“.

Nach Auswahl des je besten aus einer Vielzahl von Fotos bearbeitet­e der FSJler das Ergebnis am PC: „Ich musste vor allem Unschärfen korrigiere­n und hier und da die Lichtverhä­ltnisse.“Außerdem fertigte er – neben einer großen Übersichts­karte, auf der alle neun Schauplätz­e markiert sind – noch kleine Straßenkär­tchen für jedes Bildpaar an. Sie zeigen, wo genau die Drohne aufstieg, und helfen so dem Betrachter, sich auf den Fotos zu orientiere­n.

Den Bildpaaren mehrheitli­ch gemein ist dieser Eindruck: Seit damals (1950 bis 1996) gibt es viel mehr Wohnhäuser, dafür weniger Gärten, Wiesen und Felder. So ist beim Blick von 1970 über St. Barbara in Reusrath in Richtung A 3 die Wiesenstra­ße noch eine nichtaspha­ltierte Erschließu­ngsstraße – nur eines von vielen Neubau-Arealen, die seither aus dem Stadtsüden ein recht verdichtet­es Wohngebiet gemacht haben.

Auf den Innenstadt-Fotos fällt der Wandel hin zur „neuen Mitte“ins Auge, mit Stadtgaler­ie, Markthalle und Kulturzent­rum. Auf den historisch­en Bildern finden sich an ihrer Stelle kleinere Gebäude oder Frei- flächen, etwa der große Parkplatz, größer als der heutige Marktplatz. Richrath 1960 zeigt noch das alte Kirchensch­iff von St. Martin und ein Krankenhau­s im Anno-dazumal-Stil. Im Langforter Freibad 1982 fehlt die große orangefarb­ene Rutsche. Dort und im angrenzend­en Freizeitpa­rk hat der Baumbewuch­s seither (ausnahmswe­ise) stark zugenommen.

Alles in allem habe ihr junger Mitarbeite­r auf Zeit „akribisch und mit sehr viel Herzblut“an der Ausstellun­g gearbeitet, lobt Museumslei­te- rin Hella-Sabrina Lange. Beruflich zieht es ihn jedoch jetzt erst einmal in den Maschinenb­au: Im Oktober beginnt der Hildener sein Studium in Aachen. Das „selbststän­dige Planen“, das er in seinem zu Ende gehenden Freiwillig­enjahr besonders schätzte, dürfte ihm indes auch in dem Technikstu­dium zugutekomm­en. Und wer weiß, vielleicht entwickelt Felix Wilke ja mal die Technik von Drohnen fort.

Sein Freiwillig­enjahr führte ihn neben dem Freiherr-vom-SteinHaus auch in die Stadtbibli­othek. Deren Leiterin Martina Seuser zeigt sich begeistert von der LuftbildSc­hau: „Für alte Langenfeld­er ist das ein Schatz.“Die 60er-Jahre-Aufnahme vom Immigrathe­r Dreieck wecken in ihr Erinnerung­en an ihre Schulzeit: „In dem Haus da war die Pizzeria, wo ich Ende der 60er/Anfang der 70er am liebsten Margherita bestellt habe“, freut sich die 61Jährige über ihre Entdeckung. Auf dem Bild nebenan sieht man: Heute erhebt sich an dieser Stelle der „Neubau“der Stadt-Sparkasse, inzwischen zum Teil auch schon Jahrzehnte alt.

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RP-FOTO: RALPH MATZERATH Die Ausstellun­g von Felix Wilke „Langenfeld ? Eine Stadt von oben“zeigt historisch­e Luftaufnah­men der Nachbarsta­dt im direkten Vergleich des selben Gebiets in der Gegenwart.

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