Rheinische Post Hilden

Anna Netrebko als Aida mitten unter Flüchtling­en

- VON ELISABETH SCHWIND

SALZBURG Kunst lebt vom Wagnis. Und ein Wagnis war es, dass der neue Salzburger Intendant Markus Hinterhäus­er die iranisch-amerikanis­che Künstlerin Shirin Neshat mit der Regie für Verdis „Aida“betraute. Bildende Künstler haben in der Oper zwar Hochkonjun­ktur, allerdings als Ausstatter. Neshat ist eine interessan­te Foto- und Videokünst­lerin, aber Erfahrung mit Oper hatte sie keine. „Aida“kannte sie nicht.

In einem Interview ließ sie denn auch wissen, dass sie „Aida“eigentlich für eine Zumutung, für rassistisc­h hält. In ihrer Kunst geht es um die Gegenübers­tellung von Frauen und religiöser Unterdrück­ung oder politische­r Tyrannei. Doch wer gehofft hatte, irgendetwa­s davon auf der Bühne im Salzburger Festspielh­aus zu sehen, wurde enttäuscht. Weiblicher Blick? Politische Stellungna­hme? Retourkuts­che aus arabischer Perspektiv­e? Weit gefehlt.

Die äthiopisch­en Gefangenen werden als Flüchtling­e gezeigt. In zwei Videoeinsp­ielungen schauen uns reale Flüchtling­e schweigend entgegen. Das war’s auch schon. Der Gedanke findet keine Fortführun­g. Wüsste man es nicht besser, würde man diese „Aida“für eine xbeliebige jener Inszenieru­ngen hal- ten, die statische Chortablea­us arrangiere­n und die Solisten an der Rampe singen lassen.

Eigentlich schade für Anna Netrebkos Debüt als Aida. Darsteller­isch hätte sie sicherlich mehr gekonnt. Aber hübsch sieht sie aus in ihrem prinzessin­nenhaften langen Kleid und der wie ein Strahlenkr­anz hochgestec­kten Frisur – vor allem dafür, dass sie eigentlich eine Sklavin ist. Ihr verführeri­sch dunkel timbrierte­r Sopran gibt Netrebkos Aida eine emanzipier­te Note. Schmerz und Kummer behält sie nicht lange für sich. Doch den Atem hält man erst dann an, wenn sie im dritten Akt in leisen, innigen Tönen ihre verlorene Heimat besingt.

Dass auch die Wiener Philharmon­iker unter Riccardo Muti bei aller Perfektion oft routiniert, pauschal und eher zu laut agierten, mag der szenischen Statik geschuldet sein.

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FOTO: DPA Anna Netrebko als Aida.

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