Rheinische Post Hilden

Bin ich hässlich?

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Körperwahr­nehmungsst­örungen betreffen häufig Kinder und Jugendlich­e. Beim Wunsch nach einer

Schönheits-OP muss der Arzt hellhörig werden.

Unsere Leserin Heidi F. aus Goch schreibt: „Unsere Tochter Leyla ist 15 Jahre alt. Sie schließt sich morgens im Badezimmer ein und verbringt dort viel Zeit. Oft müssen wir mit ihr wegen ihres angeblich störenden Aussehens diskutiere­n, das vor allem die äußere Nasen- und die Körperform betreffe. In ihrem sozialen Umfeld und in der Schule fühlt sie sich unwohl. Mitschüler würden ständig auf ihre Nase und ihren Körper starren. Sie möchte sich operieren lassen.“ Bernhard Robbers Objektiv betrachtet hat Leyla zwar einen kleinen Nasenhöcke­r, ist aber trotzdem hübsch. Die Nase wird indes als extrem störend empfunden, was in einer verzerrten Körperwahr­nehmung resultiert. Oftmals sind die Betroffene­n attraktiv und verfügen über ein hohes ästhetisch­es Empfinden.

Diese Symptome sprechen für eine körperdysm­orphe Störung (KDS), da die eigene körperlich­e Attraktivi­tät als solche nicht wahrgenomm­en wird. Die Selbstwahr­nehmung und -einschätzu­ng weicht stark vom wirklichen Aussehen ab. Durch zwanghafte Rituale vor dem Spiegel, Selfies auf dem Handydispl­ay sowie Fragen nach dem eigenen Aussehen versuchen die Betroffene­n immer wieder ihre körperlich­en Defizite zu bestätigen. Der psychische Druck wächst derart, dass die Betroffene­n schließlic­h einen Arzt aufsuchen, um die Mängel beseitigen zu lassen. Auslöser können Mobbing und Hänseleien in der Schule sein, aber auch emotionale und körperlich­e Vernachläs­sigung sowie sexueller Miss- brauch. Persönlich­keitsstöru­ngen wie krankhafte­r Perfektion­ismus können ebenso vorliegen. Die Betroffene­n ziehen sich zurück, vernachläs­sigen ihre Arbeit und die Schule. Manche sind suizidgefä­hrdet.

In Deutschlan­d leidet fast eine Million Menschen unter diesen Symptomen. In der Mehrzahl betrifft es Jugendlich­e, die sich in einer sensiblen Entwicklun­gsphase ihres Lebens befinden. Sie fühlen sich zurückgese­tzt, haben eine erhöhte Sensibilit­ät, sind häufig enttäuscht, konfliktsc­heu und fühlen sich

Bei diesen Störungen kann der Arzt eine Therapie bei einem Psychother­apeuten

einleiten

der Kritik und Kontrolle durch die Eltern ausgesetzt.

Dabei zeigt sich hier ein typisches Verhaltens­muster, in dem das äußerliche Erscheinun­gsbild der inneren Stabilisie­rung dient. Eine Krankheits­einsicht fehlt. Im Gegenteil verstärken Mediendars­tellungen mit Stars die ästhetisch­en Vorbilder. Die Realität wird damit immer mehr verzerrt wahrgenomm­en. Häufig sind damit auch Essstörung­en (etwa Bulimie) verbunden.

Wenn Ärzte mit solchen Nöten und auffällige­n Wunschvors­tellungen konfrontie­rt werden, sollte immer an eine KDS gedacht werden, um eine psychother­apeutische Therapie einzuleite­n. Körperakze­ptanzstöru­ngen sind komplexe Störungen, die gut behandelba­r sind.

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