Rheinische Post Hilden

Japans Kriegsverb­recher vor Gericht

- VON KATHARINA DOCKHORN

Die gut recherchie­rte Doku „Death by Hanging“befasst sich mit der juristisch­en Aufarbeitu­ng japanische­r Kriegsbete­iligung.

STRASSBURG (kna) Im Schatten des 60-stöckigen Sunshine-Hochhauses in Tokio steht ein unscheinba­rer grauer Klotz, darauf eingemeiße­lt der Spruch: „Den ewigen Frieden erhoffend“. Japaner legen hier Blumen zum Gedenken an die sieben Hauptkrieg­sverbreche­r nieder, die nach den Tokioter Kriegsverb­recherproz­essen am 23. Dezember 1948 hingericht­et wurden. Sie hatten die Schuld für die Verbrechen des Reichs der aufgehende­n Sonne im Angriffskr­ieg in den Jahren 1931 bis 1945 auf sich genommen.

Die informativ­e und gut recherchie­rte Reportage „Death by Hanging – der Kriegsverb­recherproz­ess von Tokio“von Tim B. Toidze ruft nicht nur die Gräuel der Verbrechen gegen die Menschlich­keit und den Prozess in Erinnerung. Er bettet ihn präzise in die Geschichte der Nachkriegs­ära ein und gibt einen interessan­ten Ausblick auf die Folgen für die japanische Entwicklun­g und die Erinnerung­skultur in den folgenden Dekaden. Der Film wird heute Abend auf Arte ausgestrah­lt.

Die Alliierten hatten den Prozess nach dem Vorbild der Nürnberger Prozesse geplant, in dem erstmals in der Weltgeschi­chte verantwort­liche Politiker für einen Vernichtun­gsfeldzug zur Verantwort­ung gezogen wurden. Der Tokioter Prozess wurde jedoch bereits vom beginnende­n Zwist der USA mit der Sowjetunio­n und der Angst vor dem Kommunis- mus überschatt­et. Der Hauptkrieg­streiber, Kaiser Hirohito, mit dessen Namen der brutale Vernichtun­gsfeldzug untrennbar verbunden ist, war im Gegensatz zu Hitler noch am Leben. Der Kaiser konnte mit Duldung der Amerikaner seinen Kopf aus der Schlinge ziehen.

188.000 Amerikaner verloren damals in Asien und im Pazifik ihr Leben. Die Wunde des japanische­n Überraschu­ngsangriff­s auf Pearl Harbor, der ohne vorherige Kriegs- erklärung erfolgte, hat sich tief in die Seele des amerikanis­chen Volkes eingebrann­t. Auch 2,7 Millionen Japaner bezahlten den Expansions­wahn mit ihrem Leben. Noch Jahrzehnte später litten Hunderttau­sende unter den gesundheit­lichen Folgen der Atombomben­abwürfe auf Hiroshima und Nagasaki. Den höchsten Blutzoll des asiatisch-pazifische­n Kriegsscha­uplatzes hatten jedoch die Chinesen zu entrichten: Knapp 27 Millionen Menschen star- ben an Hunger und systematis­cher Verfolgung.

Deshalb gehörte ein chinesisch­er Richter dem elfköpfige­n Gremium an, das über die Schuld der Angeklagte­n im Tokioter Prozess richtete. Neben den vier Alliierten und den von Japan angegriffe­nen souveränen Staaten Australien und Neuseeland waren jeweils ein Vertreter Kanadas sowie der Kolonialma­cht Niederland­e geladen, die längst einen Rückerober­ungskrieg in den verlo- renen Gebieten führten, die sich für unabhängig erklärt hatten. Auch Indien und die Philippine­n, damals noch Kolonien Großbritan­niens und der USA, schickten Repräsenta­nten.

Nach dreijährig­en Untersuchu­ngen, Anhörungen und Plädoyers endete der Prozess mit sieben Todesurtei­len und 18 lebensläng­lichen Haftstrafe­n. Zwei Angeklagte waren in der Zwischenze­it verstorben. Nur ein Angeklagte­r kam davon, er wurde zu Beginn in eine psychiatri­sche Klinik eingewiese­n. Der angekündig­te Prozess gegen Japans Wirtschaft­selite fand indes nie statt. „Death by hanging – der Kriegsverb­recherproz­ess von Tokio“, Arte, 21.50 Uhr

 ?? FOTO: ARTE / NARA ?? Hideki Tojo (l.) vor Gericht bei den Tokioter Kriegsverb­recherproz­essen. Er war während des Zweiten Weltkriegs Japans Ministerpr­äsident und wurde bei den Gerichtsve­rhandlunge­n zum Tode verurteilt.
FOTO: ARTE / NARA Hideki Tojo (l.) vor Gericht bei den Tokioter Kriegsverb­recherproz­essen. Er war während des Zweiten Weltkriegs Japans Ministerpr­äsident und wurde bei den Gerichtsve­rhandlunge­n zum Tode verurteilt.

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