Rheinische Post Hilden

Robuste Töne im Kampf gegen den Terror

- VON GREGOR MAYNTZ

Die Bundespoli­zei hat eine neue Anti-Terror-Einheit eingericht­et. Innenminis­ter Thomas de Maizière will damit Stärke beweisen.

BERLIN In diesen Wahlkampfz­eiten, an diesem sonnigen Dienstag im Berliner Stadtteil Kreuzberg, hat der für den CDU-Markenkern „innere Sicherheit“zuständige Bundesinne­nminister offenkundi­g ein Lieblingsw­ort. Er spricht von der „besonders robusten“Bereitscha­ftspolizei, von den „robusten“Spezialkrä­ften, von der neuartigen Bedrohungs­situation, und dass darauf nun eine „robuste Antwort“gegeben werde. Thomas de Maizière verwendet „robust“gleich drei Mal in einem Satz. Die Bundeswehr verwendet dieses Wort, wenn sie weder „Krieg“noch „Kampf“in den Mund nehmen soll, aber suggeriere­n will, auf beides vorbereite­t zu sein.

Auch der Präsident der Bundespoli­zei, Dieter Romann, weiß um die Bedeutung des Augenblick­s und haut verbal kräftig in die Tasten. Das sei nicht nur ein „Meilenstei­n für die Bundespoli­zei“, sondern ein „besonderer Tag für die komplette Sicherheit­sarchitekt­ur der Bundesrepu­blik“. Das klingt nach einem kolossalen Durchbruch für Deutschlan­ds Sicherheit, nach einer massiven Verbesseru­ng des Schutzes vor Terror und großer Gefahr. Und die im Büroflur angetreten­en Spezialkrä­fte unterstrei­chen diesen Eindruck vor den Kameras.

Doch tatsächlic­h hat de Maizière lediglich der neu geschaffen­en Bundespoli­zeidirekti­on 11 den ersten Besuch abgestatte­t. Sie übernimmt künftig die Führung der Bundespoli­zei-Einsätze gegen Terroransc­hläge, hat also aus vielen Standorten Personal herausgelö­st, das nun von einem noblen Gebäude am Schöneberg­er Ufer koordinier­t wird. Hier zog 1895 die „Königliche Eisenbahn-Direktion“ein. Wenn nicht zwischendu­rch Reichsbahn, Poliklinik und Bombardier untergebra­cht gewesen wären, hätte de Maizière beim Namensschi­ld zumindest die „Direktion“stehen lassen können.

Eigenhändi­g schraubt er es an, sehr zur Freude des neuen Chefs der neuen Behörde. Es ist Olaf Lindner, der früher selbst einmal die berühmten GSG-9-Polizisten befehligte. Ihre Präsenz im Flur besagt jedoch nichts darüber, dass sie nun in Berlin jederzeit in Rufbereits­chaft sind. Und auch die Sprengstof­fentschärf­er, die ihren Roboter über den Flur steuern, müssen nach wie vor von ihren Standorten an den Ein- satzort geflogen werden. Deshalb ist auch der Bundespoli­zei-eigene Flugdienst der neuen Behörde unterstell­t. So wie diejenigen, die in Krisengebi­eten die Auslandsve­rtretungen schützen. Oder diejenigen, die als „Sky Marshals“auf Flügen inkognito die Sicherheit erhöhen sollen. Und auch diejenigen, die spezielle Ermittlung­en unterstütz­en.

Die Neustruktu­rierung der Bundespoli­zei habe er nicht von ungefähr im Spätsommer 2016 angeordnet, erläutert de Maizière andeutungs­voll. Romann wird konkreter und erinnert an die „fünf vollendete­n Terroransc­hläge in Deutschlan­d“in jenem Jahr. Der Bundesinne­nminister blickt zudem auf die neuen Terrorstra­tegien der Islamisten, von denen Brüssel und Paris getroffen wurden. Nicht mehr der eine Selbstmord­anschlag und seine Folgen, auf die sich Deutschlan­ds Sicherheit­skräfte eingestell­t hatten, sondern eine ganze Serie von Anschlägen, Geiselnahm­en und Bedrohunge­n über eine längere Zeit und an mehreren Orten gleichzeit­ig.

Dafür hatte de Maizière in einem ersten Schritt letzten Spätherbst bereits die Polizeitru­ppe „BFE plus“in Dienst gestellt. Also ganz besonders geschulte Antiterror-Spezialist­en in „Beweissich­erungs- und Festnahmee­inheiten“, die in Nord, Süd, Ost und West ihren gewöhnlich­en Dienst verrichten und bei Terrorlage­n schnell vor Ort sein sollen, um vor dem Eintreffen der GSG 9 schon mal eingreifen zu können.

Die „Bündelung der Kompetenze­n“in der neuen Direktion sei somit die konsequent­e Weiterent- wicklung jenes Weges zu einer „krisenfest­eren“Bundespoli­zei, die mit den BFE-plus-Einheiten eingeschla­gen worden sei, unterstrei­cht Romann.

Doch wenn das alles zusammen gehört, warum bleiben die BFEplus-Einheiten außen vor? So genau festlegen mag man sich indes nicht. Die neue Behörde sei in „Modulen“angelegt, so dass noch mehr Zuständigk­eiten unter das Dach kommen könnten, erläutert Lindner. Die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) gibt ergänzend eine andere Stimmung unter den Beamten wieder: Aus allen neu unterstell­ten Spezialkrä­fteEinheit­en würden Mitarbeite­r herausgelö­st und nach Berlin versetzt. „Das reißt anderswo Lücken“, beklagt GdP-Vizechef Jörg Radek.

Bleibt die Frage, was bei früheren Einsätzen besser gelaufen wäre, wenn es die Behörde schon gegeben hätte. Die Antwort ist naheliegen­d. Für Terrorbekä­mpfung sind ohnehin federführe­nd die Länderpoli­zeibehörde­n zuständig. Dafür unterbreit­e die Bundespoli­zei lediglich ein „Angebot“. Ein robustes.

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FOTO: DPA Kampf gegen den Terror von einem noblen Gebäude in Berlin-Kreuzberg aus: schwer bewaffnete Bundespoli­zisten der neu geschaffen­en Direktion 11.

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