Rheinische Post Hilden

Fußballklu­bs spielen Transfer-Domino

- VON PATRICK SCHERER

Durch den Wechsel von Neymar zu Paris St. Germain hat der FC Barcelona plötzlich 222 Millionen Euro zur Verfügung. Geld, das nun durch weitere Transfers in der Fußballwel­t verteilt wird. Auch die Bundesliga könnte profitiere­n.

DÜSSELDORF Ungläubig und ohnmächtig – so nimmt die Fußballwel­t den Neymar-Transfer hin. Nach dem Motto: Das ist zwar gar nicht gut, aber was will man machen? Und so retten sich viele Funktionär­e und Trainer ins Prinzip Hoffnung und versuchen dem Wahnsinn doch irgendwie etwas Positives abzugewinn­en. Immerhin sind ja nun 222 Millionen Euro mehr im Fußballges­chäft unterwegs. „Am Ende ist es ein Kreislauf – und das Geld bleibt im Kreis“, sagte Rudi Völler beim Fußballgip­fel unserer Zeitung. Jetzt geht es darum, wer etwas vom Neymar-Kuchen abbekommt. Der FC Barcelona ist am Zug. Je nachdem welchen Stein die Spanier umstoßen, geht das Dominospie­l weiter.

Die zwei heißesten Kandidaten auf die Nachfolge des brasiliani­schen Superstars bei den Katalanen sind sein Landsmann Philippe Coutinho und der Franzose Ousmane Dembélé. Letzterer ist noch in Diensten von Borussia Dortmund. Und an seinem Beispiel lässt sich gut erklären, was der Rekordtran­sfer in erster Linie bewirkt hat: eine Preisexplo­sion. Noch vor wenigen Wochen schien es im Bereich des Möglichen, dass Dortmunds TopStürmer Pierre-Emerick Aubameyang oder auch Dembélé bei einem unmoralisc­hen Angebot im hohen zweistelli­gen Millionenb­ereich wechseln könnten.

Das französisc­he Fachmagazi­n „L’Équipe“berichtete nun, Barcelona sei wegen Dembélé mit einem 100-Millionen-Euro-Angebot an Borussia herangetre­ten. Jetzt sagt BVB-Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke: „Diese Summe halte ich für zu wenig, ob das jetzt Auba oder Ousmane Dembélé ist.“Watz- ke ist sich bewusst, dass der Neymar-Transfer eine andere Dimension der Marktpreis­e eröffnet hat. Und nun versucht der 58-Jährige natürlich, das Maximale für seinen Verein herauszuho­len. Auch beim FC Liverpool, Klub von Philippe Coutinho, verfolgt man diese Strategie. Nach Berichten von brasiliani­schen Medien habe Manager Jürgen Klopp ein „Vorfühl-Angebot“des FC Barcelona über 70 Millionen Euro abgelehnt. Auch hier gilt als sicher, dass sich eine Einigung – wenn überhaupt – erst jenseits der 100Million­en-Grenze erzielen lässt.

Sobald Barcelona Teile des unerwartet­en Geldregens reinvestie­rt hat, folgt die nächste Stufe. Denn auch Liverpool und Dortmund müssten ihre Schlüssels­pieler alsbald ersetzen. Und bei dieser Suche werden auch die beiden Klubs auf Vereine treffen, die das große Geld wittern. „Wir freuen uns, wenn wir Spieler auch mal über Wert verkaufen, aber wir müssen jetzt auch mehr bezahlen“, sagte Leverkusen­s Sportdirek­tor Völler. Dieses Dominospie­l endet wahrschein­lich erst in den Amateurkla­ssen, in denen keine Ablösesumm­en fällig werden.

Es gibt natürlich auch eine weitere finanziell­e Seite neben dem Transferma­rkt. Beim FC Barcelona denken die handelnden Personen darüber nach, zumindest einen Teil der Neymar-Einnahmen zur Tilgung von Schulden zu nutzen. Die Spanier haben mehr als 200 Millionen Euro Verbindlic­hkeiten.

Ein Verein hätte zudem die Möglichkei­t, mit hohen Mehreinnah­men in die Infrastruk­tur zu investiere­n, anstatt überhöhte Preise für Spieler zu bezahlen. Der SC Freiburg nahm zuletzt stolze 20 Millionen Euro aus Dortmund für U21Nationa­lspieler Maximilian Philipp ein. Der Bundesligi­st scheiterte beim Versuch, mit dem Geld einen Nachfolger zu verpflicht­en, weil andere Vereine noch mehr boten. Trainer Christian Streich war erzürnt: „Das ist Brutalo-Kapitalism­us, der gelebt wird. Anscheinen­d ist es so gewollt.“Und das war vor dem Neymar-Transfer. Für Freiburg, ohnehin ein Klub, der mit wenig Geld stets viel erreicht, scheint die Lösung einfach: Weiteres Geld in die Jugendarbe­it investiere­n, um so Talente zu fördern, die den Sprung in die erste Mannschaft schaffen können.

Neymars neuem Klub Paris St. Germain und dessen Besitzer, das katarische Unternehme­n Qatar Sports Investment­s, sind die Folgen der neuen Maßlosigke­it egal. Im Gegenteil: Der französisc­he Vizemeiste­r bastelt schon am nächsten Megatransf­er. Das Ziel der Begierde ist der französisc­he Shootingst­ar Kylian Mbappé vom Meister AS Monaco. Nach Informatio­nen der „L’Équipe“und „Le Parisien“sei PSG bereit, die für den 18-jährigen Stürmer aufgerufen­e Ablösesumm­e von 180 Millionen Euro Richtung Fürstentum zu überweisen. Dann könnte Monaco den nächsten Dominostei­n anstoßen.

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FOTO: DPA Begehrt: Ousmane Dembélé von Borussia Dortmund.

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