Rheinische Post Hilden

Zwei Nachbarn raufen sich zusammen

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Die Komödie an der Steinstraß­e eröffnete ihre Spielzeit mit „Die Eule und das Kätzchen“und großen Schauspiel­er-Leistungen.

Erst reißt ihn Nachbarin Doris unsanft aus dem Schlaf, dann wirbelt sie sein ganzes Leben durcheinan­der. Als Felix mitten in der Nacht nach heftigem Klingeln und Klopfen widerwilli­g seine Tür aufschließ­t, kann er nicht ahnen, dass er damit gleichzeit­ig die Büchse der Pandora öffnet. Wie ein Orkan fegt Doris ins Zimmer. Stinksauer, weil sie von jetzt auf gleich aus ihrer Wohnung geworfen wurde. Die Schuld daran trägt er, und das weiß sie. Felix hatte sie beim Vermieter wegen ihres unmoralisc­hen Lebenswand­els angeschwär­zt. „Schön, ich habe Freunde“, raunzt sie ihn an. „Freunde mit Geld.“Das habe sie halt gelegentli­ch angenommen, na und? Jetzt pocht sie auf Asyl bei dem Petzer und nistet sich bei ihm ein.

Als erste Premiere der neuen Spielzeit brachte die „Komödie“den Boulevard-Klassiker „Die Eule und das Kätzchen“von Bill Manhoff auf die Bühne. Ein langlebige­r Erfolg, erst auf dem Broadway, dann im Film von 1970 mit Barbra Streisand und George Segal. Den Titel lieferte der populäre angelsächs­ische Kinderreim „The Owl and the Pussycat“über die Liebesbezi­ehung zweier völlig unterschie­dlicher Charaktere. Wenn Felix für die intelligen­te Eule steht, ist Doris zunächst alles andere als ein schmiegsam­es Kätzchen. Wütend und fauchend fährt sie ihre Krallen aus und strapazier­t die Nerven des überrumpel­ten Felix. Beide Rollen dürften ein Leckerbiss­en für jeden Schauspiel­er sein. Julia Kelz als kratzbürst­ige Ge- legenheits-Prostituie­rte und Jens Hajek als verunsiche­rter Möchtegern-Schriftste­ller harmoniere­n bei der Premiere so perfekt, als hätten sie das Stück schon viele Male gemeistert. Da sitzt jede Geste, jeder Blick, jeder Ausbruch. Sie fetzen sich derart, dass eine Aussöhnung in diesem Katz- und Maus-Spiel un- vorstellba­r scheint. Doch genau das passiert. Sanftmütig beginnt Doris zu schnurren und fragt unvermitte­lt: „Wollen Sie mit mir schlafen?“Noch zuckt er zurück, fühlt sich aber immer stärker zu ihr hingezogen. Und dann entdeckt der spröde Intellektu­elle eine neue Mission: Erziehen will er das ungeschlif­fene Mädchen, wie einst Professor Higgins seine Eliza Doolittle. Immer neue Fremdwörte­r soll sich Doris einverleib­en, denn für dumm hält er sie nicht. „Warum laufen Sie vor Ihrem Verstand davon?“, will er wissen.

Dem Paar im ständigen Widerstrei­t seiner Gefühle zuzuschaue­n, bereitet ungetrübte­s Vergnügen. Ohne die souveräne Leistung von Julia Kelz und Jens Hajek wäre „Die Eule und das Kätzchen“jedoch weniger gut verdaulich. Besser, man nimmt einige Ungereimth­eiten nicht gar zu pingelig unter die Lupe. Hinterfrag­t auch nicht, was den zurückhalt­enden Felix dazu angestif- tet hat, seine durchs Fernrohr beobachtet­e Nachbarin so reinzureiß­en. Und welcher Hauswirt hätte die Befugnis, eine Mieterin aufgrund eines Gerüchts fristlos auf die Straße zu setzen? In Schräglage kippt die Handlung, wenn aus fadenschei­nigen Gründen der gemeinscha­ftliche Selbstmord geplant wird. Das ergibt zwar ein hübsches Geplänkel, aber wenig Sinn. Einige aktionsarm­e Szenen dehnen sich, zudem wird spürbar, dass der Zahn der Zeit auch dieses Stück nicht ganz verschont hat. Dennoch überzeugt „Die Eule und das Kätzchen“mit Witz und Schwung – federleich­te sommerlich­e Unterhaltu­ng. Herzlicher Premieren-Beifall für Regisseur Rolf Berg und das vorzüglich­e Schauspiel­er-Duo.

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FOTO: PETER BOCKLAGE Jens Hajek und Julia Kelz auf der Bühne der Komödie.

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