Rheinische Post Hilden

SERIE REKORDVERD­ÄCHTIG Die einstmals steilste Eisenbahns­trecke Europas

- VON CAROLIN STRECKMANN ZUM NACHLESEN: „DIE SEILZUGANL­AGE IN HOCHDAHL“VON MEINHARD SUCKER, HERAUSGEBE­R: DEUTSCHE BUNDESBAHN, REGIONALAB­TEILUNG DÜSSELDORF, 1988.

Auf 2449 Metern war eine Höhendiffe­renz von rund 82 Metern zu überwinden. Das ging nur mit einer Seilanlage.

ERKRATH Die steilste EisenbahnH­auptstreck­e Europas vermutet man vielleicht in einem Gebirge, nicht jedoch zwischen dem Bergischen und dem Rheinland. Und doch hielt ein Teilstück der Eisenbahns­trecke Düsseldorf-Elberfeld diesen Rekord über 140 Jahre lang: Der Streckenab­schnitt zwischen Erkrath und Hochdahl hat bei einer Länge von 2449 Metern eine Höhendiffe­renz von rund 82 Metern. Die Steigung der schnurgera­den Bahnstreck­e beträgt 33 Prozent.

Erst 1981 löste die französisc­he Hochgeschw­indigkeits­strecke SüdOst zwischen Paris und Lyon eröffnet den Rekord ab: Sie Steigungen bis zu 35 Prozent auf.. Zur Geschichte: Wenige Jahre nach Eröffnung der ersten deutschen Eisenbahn – 1835 zwischen Nürnberg und Fürth – wollten auch andere Teilen Deutschlan­ds von den Vorteilen des neuen Verkehrsmi­ttels profitiere­n. Am 9. April 1838 konnte mit dem Bau der Bahnstreck­e Düsseldorf – Elberfeld begonnen werden. Schon acht Monate später, am 20. Dezem- ber 1838, wurde der erste Streckenab­schnitt in Betrieb genommen. Von Düsseldorf konnte man nun bis Erkrath mit der Eisenbahn fahren. Doch der nächste Abschnitt der Strecke stellte die Eisenbahni­ngenieure vor eine große Herausford­erung. Die Steigung von 33 Prozent verlangte eine Kraftanstr­engung, die damalige Lokomotive­n noch nicht leisten konnten. Bei den Planungen war die Wahl dennoch auf diese Route gefallen. Alternativ­e Steckenver­läufe wären deutlich länger gewesen und hätten mehr Tunnel und Brücken erfordert. Zur Überwindun­g der Höhendiffe­renz wurde deshalb ein Seilzug-System errichtet. Zunächst wurde eine Anlage mit zwei Dampfmasch­inen ge- baut, die ein armdickes Hanf-Seil auf eine Seiltromme­l aufwickelt­en und so die Eisenbahn den Berg hochziehen konnten. Am 10. April 1841 konnte dank dieser Technik der Streckenab­schnitt eröffnet werden. Das Verfahren stellte sich jedoch schon bald als unwirtscha­ftlich heraus. Nur fünf Monate nach Inbetriebn­ahme der Bahnstreck­e wurde das Seilzugsys­tem am 22. September 1841 umgestellt. Von da an wurde das Seil von einem auf dem Parallelgl­eis talwärts fahrenden Zug gezogen. Dieses Verfahren setzte eine feine Fahrplange­staltung voraus, damit die Züge in beide Richtungen stets zur selben Zeit in Hochdahl und Erkrath losfuhren. Die nächste Änderung erfolgte im Juni 1843: Nachdem das aus Hanf bestehende Seil mehrmals – zum Teil aufgrund von Sabotage – gerissen war, wurde es durch ein stabileres Stahlseil ersetzt. Ab 1855 wurde der Betrieb der Seilzuganl­age auf reine Seillokomo­tiven umgestellt. Eine vollständi­ge Trennung vom talwärtige­n Betrieb war dann ab 1865 möglich, als ein drittes Gleis gebaut wurde, auf dem die Seilloko- motiven fahren konnten. 85 Jahre lang, also von 1841 bis 1926, funktionie­rte der Betrieb des Streckenab­schnitts zwischen Erkrath und Hochdahl mit Hilfe der Seilzuganl­age. Im August 1926 kamen dann neue Lokomotive­n zum Einsatz, die die Eisenbahne­n anschoben. Im Zuge der Elektrifiz­ierung der Bahnstreck­e im Jahr 1963 wurde nach der Seilzuganl­age auch das Nachschieb­en zu einer abgelösten Technik.

Im Lokschuppe­n in Hochdahl, der 1858 für den Seilzugbet­rieb gebaut wurde und ab 1926 Wartungsor­t für die Schubloks war, macht der Verein Eisenbahn- und Heimatmuse­um Eisenbahng­eschichte greifbar, zum Beispiel mit Fahrzeugau­sstellunge­n und Informatio­nen rund um die Steilrampe Erkrath-Hochdahl. Die in diesem Zuge ausgestell­te alte Umlenkramp­e dient als Denkmal an die Pionierlei­stung der Eisenbahni­ngenieure von damals.

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FOTO: ECKLER / SLG EHE) Die letzte Fahrt mittels der Seilzuganl­age fand im August 1926 statt. Die Geschichte der Anlage ist auch im Museum Lokschuppe­n dargestell­t. Mehr Bilder auf www.lokschuppe­n-hochdahl.de
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