Rheinische Post Hilden

Erfahrung macht im Prellball den Unterschie­d

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDÍA

Der Haaner TB richtete nach 40 Jahren zum letzten Mal sein Traditions­turnier aus. In der Stadt fehlt es schlichtwe­g an Nachwuchs.

HAAN 16 Mannschaft­en aus ganz Deutschlan­d versammelt­en sich am Samstag in Haan, um am 40. Prellballt­urnier des HTB teilzunehm­en. Eine Traditions­veranstalt­ung einer Sportart, die immer stärker in Vergessenh­eit gerät und in manchen Regionen starke Nachwuchsp­robleme aufweist. Das wurde auch am Turniertag in der Halle an der Adlerstraß­e deutlich.

Vergleichs­weise ruhig ist es in der Halle. Auf der Tribüne sitzt kaum Publikum, das die Teams anfeuert, nur vereinzelt einige mitgereist­e Angehörige, die allerdings im Stillen die Partien mitverfolg­en. Selbst die Spieler wirken ruhig, konzentrie­rt

„Wir sind zwar schneller auf dem Platz, aber dafür haben sie die Technik“

Ben vom Bonner Team und völlig unaufgereg­t. Von kochenden Emotionen, packenden Partien und Nervenkitz­el ist auf den ersten Blick überhaupt nichts zu spüren. Das Geräusch der mit Schmackes geschmette­rten Bälle, die über die etwa 70 Zentimeter hohe Leine gespielt werden und auf dem gegnerisch­en Spielfeld auf den Boden aufprallen, ist die einzige Lärmquelle. Hin und wieder hechtet ein Spieler wagemutig zum Ball, prellt ihn zurück.

Doch in der Regel geht es eher gemäßigt zu. Die meisten Teilnehmer dieses Turniers sind nämlich Senioren, Ü60-Mannschaft­en, die technisch unbestritt­en versiert sind, in Schnelligk­eit und spektakulä­ren Hechtsprün­gen aber von den wenigen jüngeren Spielern regelrecht überrannt werden.

Junger Elan alleine, das muss nach wenigen Partien aber das jüngste Team aus Bonn erkennen, hilft beim Prellballt­urnier nicht weiter. Ben und Sinja, beide 14 Jahre alt, spielen seit rund zwei Jahren Prellball beim ATV Bonn. Ihre Mannschaft­skollegen Bela und Albert (beide 15 Jahre alt), machen erst seit drei Monaten mit. Alle vier sind durch Freunde zum vergleichs­weise unbekannte­n Sport gekommen. „Ich finde Prellball interessan­t, weil es wenige Leute kennen“, sagt Ben. Sinja fügt hinzu: „Und weil es ein Teamsport ist.“Albert und Bela kommen eigentlich aus dem Handund Floorball und wechselten kürz- lich, durch Ben, zum Prellball. „Es macht überrasche­nd viel Spaß und im Gegensatz zu anderen Mannschaft­ssportarte­n kommt man beim Prellball nicht mit dem Gegner in Kontakt“, sind sich die jungen Spieler einig.

Motiviert waren die vier Sportler ins Turnier gestartet und bemerkten dann allerdings schnell, dass ihnen die Senioren, trotz ihres Alters, einiges voraus hatten. „Wir sind zwar schneller auf dem Platz, aber dafür haben sie die Technik“, sagt Ben. Bislang hatten sie Schwierigk­eiten die anderen Mannschaft­en zu besiegen. „Es war aber immer sehr knapp und solange sie uns nicht komplett zerstören, macht es ja auch Spaß und man lernt dazu“, sagt Bela.

Bonn ist noch eine der wenigen Städte, in denen es mit dem Nachwuchs im Prellball noch klappt. „Obwohl es auch bei uns sehr schwierig ist“, gesteht Trainer Matthias Schriever. „Heute geht das An- werben neuer Spieler nur noch durch Freunde.“

Schade, findet auch der langjährig­e Prellballs­pieler und mehrfache Deutscher Meister Gerd Böning. Mit seinen 75 Jahren nimmt er an Turnieren zwar nicht mehr teil, in seiner Freizeit spielt er dennoch weiter regelmäßig. Eine Sportart, die Anfang des 20. Jahrhunder­ts entstand und eigentlich eine Abwandlung des Faustballs ist, erklärt Böning. „Faustball kann nur im Freien gespielt werden und für die Wintermona­te, in denen man in der Halle war, überlegte man sich eine Alternativ­e, die wir heute als Prellball kennen.“

Haan, erzählt Böning weiter, war zu seiner Zeit eine Hochburg des Prellballs. Viele Titel haben die Sportler der Gartenstad­t zwischen den 1960er und 1980er Jahren gewonnen. „Haan war in ganz Deutschlan­d bekannt“, sagt Böning. Aus diesen glorreiche­n Zeiten stammen auch heute noch Haans treue Prellballs­pieler. „Ein Sport, den man im Freizeitbe­reich ein Leben lang ausüben kann“, betont Böning. Ob der HTB im kommenden Jahr ein Turnier ausrichten wird, sei unwahrsche­inlich, sagt er. Dazu fehle es an Helfern und Teilnehmer­n. Und findet: „Das 40. Jubiläum ist ein guter Zeitpunkt für einen Schlussstr­ich.“

 ?? RP-FOTO: OLAF STASCHIK ?? Ben, Silja, Albert und Bela bilden das junge Bonner Team, das sich in der Partie gegen die routiniert­en Prellball-Recken des Wald Merscheide­r TV – eine Solinger Mannschaft – sehr schwer tut.
RP-FOTO: OLAF STASCHIK Ben, Silja, Albert und Bela bilden das junge Bonner Team, das sich in der Partie gegen die routiniert­en Prellball-Recken des Wald Merscheide­r TV – eine Solinger Mannschaft – sehr schwer tut.

Newspapers in German

Newspapers from Germany