Rheinische Post Hilden

Wenn plötzlich Karl Lagerfeld anruft

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Neben dem Flügel, auf dem die Pianistin und Klavierleh­rerin Marina Kheifets mit ihren Schülern übt, steht ein zweites dieser voluminöse­n Instrument­e – eine Rarität von Steinway & Sons aus der „Limited Edition“, die 2003 zum 150. Geburtstag des New Yorker Pianohause­s aufgelegt wurde. Das elegante Design offenbart auf den zweiten Blick eine aus der Modeszene wohlbekann­te Signatur: Der Flügel wurde nach einem Entwurf von Karl Lagerfeld gestaltet. „Ich bin sehr stolz, dass ich dieses besondere Stück erwerben konnte“, sagt Martina Kheifets. Ihr Exemplar hat die Nummerieru­ng 29/150. Die Manufaktur Steinway & Sons produziert­e damals 150 dieser „Grand Pianos“und lieferte sie in alle Welt. Die Inhaberin der Musikschul­e „subito“war erstaunt, als sie eines Tages einen Anruf von dem persönlich­en Assistente­n von „Karl dem Großen“erhielt: „Sie sind die Einzige in Nordrhein-Westfalen, die seinen Flügel besitzt“, teilte er ihr mit. Erst glaubte sie an einen Scherz. Nie hätte sie gedacht, dass deswegen jemand aus dem Büro des Designers anrufen würde. Zu den Besonderhe­iten der Reihe „S.L.ED by Karl Lagerfeld“gehören die extrem hohen Seiten neben den Tasten. „Die meisten Pianisten mögen das nicht so sehr“, erklärt Marina Kheifets, „sie befürchten, ihre Hände wären beim Spielen nicht zu sehen.“Gehandelt wird der Flügel mittlerwei­le übrigens für einen höheren fünfstelli­gen Betrag. Das Lagerfeld-Design wirkt trotz seiner klaren Linien weicher und harmonisch­er als bei herkömmlic­hen Flügeln. Notenpult und Beine haben eine Ausformung. „Ich wollte, dass er wie ein bewegliche­r Schlitten wirkt, den man mühelos von einem Platz zum anderen ziehen kann“, umriss Lagerfeld damals seine Idee. Die Grundform konnte er nicht verändern, wohl aber war er darauf bedacht, den Flügel nach seinen Vorstellun­gen „anzukleide­n“. Wie man es von einem Ästheten und Exzentrike­r erwartet, setzte er Akzente. Der Flügel ist nicht glänzend, sondern mattschwar­z. Die Innenseite des Deckels ließ Lagerfeld in japanische­m Blutrot lackieren: „Das gibt ihm eine geheimnisv­olle und mondäne Anmutung.“Auch die Einfassung­en des Klavierhoc­kers leuchten rot. Einen der Jubiläums-Flügel besitzt Lagerfeld selbst und freut sich daran. Etwas aber bedauert er: „Ich habe nicht die Gabe, darauf zu spielen. Meine Mutter hatte sehr früh über meinen Kopf hinweg entschiede­n, ich sei nicht talentiert. Deshalb bin ich auch auf alle Pianisten ein bisschen eifersücht­ig.“Weil Lagerfelds Schmuckstü­ck in den Räumen ihrer Schule nur von wenigen Besuchern bewundert werden kann, hat Marina Kheifets jetzt einen Entschluss gefasst: Sie wünscht sich eine neue Heimat für ihren Flügel. „Verkaufen würde ich ihn nicht“, versichert sie. „Aber man könnte ihn leihweise an einem schönen Platz aufstellen. Vielleicht in einem kleinen Konzertsaa­l, wo er von einem größeren Publikum gesehen und vor allem auch bespielt werden kann.“Regina Goldlücke

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Marina Kheifets an ihrem Flügel, der von Karl Lagerfeld gestaltet wurde. Es ist wohl der Einzige in NRW.

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