Hazel Brugger kann eigentlich viel mehr
Im gut besuchten Zakk sammelt die „böseste Frau der Schweiz“Lacher en masse, doch zu kurz kommen Politisches und Poesie.
Seit ein paar Monaten wohne sie in Köln, sagt Hazel Brugger (23), die mit Auszeichnungen überschüttete „böseste Frau der Schweiz“, gleich zu Beginn ihres Auftritts. Freudige Erwartung, 400 Menschen im ausverkauften Zakk warten auf eine Breitseite gegen die verbotene Stadt. Stattdessen erklärt Brugger in ihrem freundlichen, akzentfreien Singsang: „Ich finde Sie nicht besser als die Leute in Köln. Ich komme aus der Schweiz – für mich sind Sie alle Abschaum.“Düsseldorf sei aus ihrer Perspektive nicht reich, schiebt sie hinterher. Selbst München wirke auf sie wie erdacht von obdachlosen Schweizern in einem Videospiel.
Zur Entschuldigung erklärt Brugger, sie sei „‚transsympathisch‘ – eine sehr nette Person, gefangen im Körper eines absoluten Arschlochs“. Harmloses Äußeres, harte Sprüche – auf diese Weise gelingt ein gewollt irritierender, guter bis sehr guter Stand-Up-ComedyAbend – der aber noch viel besser hätte sein können.
Wer mit Bruggers Schaffen vertraut ist, bleibt nach den 100 Minuten Programm etwas enttäuscht zurück. Das Versprechen des schönen Titels „Hazel Brugger passiert“wird nicht ganz eingelöst, es „passiert“nur ein Teil dessen, was diese hochintelligente, gnadenlose, auch sich selbst nicht schonende Frau kann. Einige Male zu oft beschränkt sie sich auf Tabubrüche über Kot und Kuhbesamung, Kinderfeindlichkeit, Körperflüssigkeiten und Kannibalismus, Inzest, Suizid und Genozid.
Zu selten sind ihre skurrilen, treffenden Dekonstruktionen wie jene des Überreichens von Blumen an den Partner: „Damit sagt man: ‚Diese ungerade Anzahl punktsymmetrischer, wunderschöner Pflanzen habe ich von einem Profi töten lassen. Schau zu, wie sie verwelken.‘“Zu selten auch Passagen wie „Genau das ist Liebe: Sich bereiterklären, dem anderen beim Verwelken zuzuschauen“, die nicht nur witzig sind, sondern auch wahr.
Politik bleibt bis auf ein, zwei FDP-Gags völlig außen vor. Merkel und Schulz, Trump und Putin? Keinen Kommentar wert, außer: „‘Sorry, ist mega-eskaliert‘, sagt die Kultur zur Natur. Ich hab gekifft und kann mich nicht erinnern, wie alles so weit kommen konnte.“Klang wie eine Überleitung zu diesem Thema, war aber eine zum nächsten.
Das ist so schade, weil das Internet voll ist mit Videos von Brugger, wie sie für die Satiresendung „heute-Show“Politiker bei gemeinsamen absurden Bastelstunden genüsslich aufs Glatteis führt. Wes- halb man die Die Linke wählen solle, fragt sie etwa Katja Kipping. Als die zur Antwort ansetzt, schmeißt Brugger einen extrem lauten Cocktailmixer an, der jedes Wort übertönt – und blickt ihr dabei erst eiskalt und dann fröhlich ins Gesicht. Brugger kann subtil, aber auch asozial. Ihre kluge Seite wiederum zeigt sie in den Kolumnen, die sie drei Jahre lang für „Das Magazin“geschrieben hat und die unter dasmagazin.ch abrufbar sind.
Meisterhafte Texte sind das, witzig und mutig, polemisch, politisch und poetisch. Im Zakk war Brugger gut, aber sie kann noch viel besser.