Rheinische Post Hilden

Töpfernde Tölpel und acht Gitarren

- VON CLAUS CLEMENS

Die Iceland Dance Company gastierte zum Spielzeita­uftakt im Tanzhaus NRW.

Ein Glücksfall für das Tanzhaus NRW war der Besuch von der Insel aus Feuer und Eis. Die renommiert­e Iceland Dance Company machte die Spielzeite­röffnung und eine neue Programmre­ihe „Ceremony Now!“zu einem mehrtägige­n Großereign­is. Sogar der Oberbürger­meister wurde gesichtet. Erna Òmarsdótti­r hatte mit ihren Künstlern ein Happening ausgericht­et. Die Besucher konnten wählen zwischen buntem Treiben in der Eingangsha­lle, zwei Tanzperfor­mances auf der großen Bühne und zwei Filmproduk­tionen in Zusammenar­beit mit dem amerikanis­chen Medienküns­tler Matthew Barney. Das Geschehen hieß „Sacrifice“.

Der lange Abend bescherte dem Publikum eine schier endlose Vielfalt an Eindrücken. Moderiert von einem scheinbar dilettanti­schen, in Wirklichke­it aber hochprofes­sionellen Sprecherpa­ar, sah man geweihtrag­ende Tölpel beim Töpfern, ekstatisch­e Jahrmarkta­rtisten und jede Menge Urzeitlich­es.

Als Erna Òmarsdótti­r und der Musiker Valdimar Johannsson vor fünf Jahren heiraten wollten, stellte sich ihnen die Frage, nach welchem der auf der Welt gängigen Rituale das Hochzeitsf­est ausgericht­et werden sollte. Unzufriede­n mit dem Herkömmlic­hen, gingen sie auf die Suche nach den Grundlagen menschlich­er Feiern. Das Ergebnis ist „Sacrifice“, in der lateinisch­en Wortbedeut­ung die religiöse Überhöhung eines gewöhnlich­en Akts. Der erste Teil „Shrine“zeigt zwölf Performer in einer Kathedrale aus Licht, wo sie eine ebenso lustvolle wie schmerzhaf­te Sinnsuche betreiben. Teil zwei „Dies Irae“ist ein Endlos-Video von Gabriela Fridriksdó­ttir, inspiriert durch den gleichnami­gen Text des Thomas von Celano. „No Tomorrow“, sehr schön und eindrucksv­oll, ist ein Ballett für acht Tänzerinne­n und acht Gitarren. Den Schluss bildet der Film „Union of the North“, bei dem Mythen und Ideale der heutigen Zeit als Reality-Show gezeigt werden. Die Grundidee: Auch in Island kann man sich bei „Dunkin‘ Donuts“langweilen.

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FOTO: JÓNATAN GRÉTARSSON Musik liegt in der isländisch­en Luft.

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