Rheinische Post Hilden

CDU will Kinder bei Pflege entlasten

- VON ANTJE HÖNING UND EVA QUADBECK

Wenn Rente und Pflegegeld für eine Heimunterb­ringung nicht ausreichen, werden oft die Kinder zur Kasse gebeten. Die Union will dafür eine Einkommens­grenze von 100.000 Euro Jahresgeha­lt schaffen.

BERLIN Gesundheit­sminister Hermann Gröhe (CDU) will im Fall eines Wahlsiegs der Union die Kinder pflegebedü­rftiger Eltern von Zuzahlunge­n für eine Heimunterb­ringung entlasten. „Wenn Pflegevers­icherung und Rente nicht ausreichen, um die Kosten einer Heimunterb­ringung zu tragen, dann muss es klare Grenzen geben, in welchem Umfang das Sozialamt Geld von den Kindern fordern darf“, sagte Gröhe unserer Redaktion. „Wir wollen Kinder mit einem Brutto-Jahreseink­ommen von bis zu 100.000 Euro vom Zugriff des Sozialamts freistelle­n und so vor Überforder­ung schützen“, erklärte der Minister. Gleichzeit­ig gelte, dass ältere Menschen kein schlechtes Gewissen haben sollten, wenn sie fürs Alter Gespartes dann auch tatsächlic­h ausgeben.

In Deutschlan­d leben immer mehr Bürger in Alten- und Pflegeheim­en: 783.000 Menschen werden laut Statistisc­hem Bundesamt vollstatio­när versorgt. Weitere 2,1 Millionen werden zu Hause durch An- gehörige oder durch ambulante Pflegedien­ste betreut.

Ein Platz im Pflegeheim kostet demnach monatlich im Bundesdurc­hschnitt 3165 Euro. Je nach Pflegestuf­e und Ausstattun­g des Heims kann es auch mehr sein. Reichen die Rente des Pflegebedü­rftigen und das Pflegegeld dafür nicht aus, muss er auf sein Vermögen zurückgrei­fen. Ist das aufgebrauc­ht, müssen die Kinder einspringe­n.

Schon jetzt billigt der Staat den Kindern einen Freibetrag zu. Die Union plant, diesen deutlich auszuweite­n. Derzeit gilt: Ein Kind muss im Rahmen seiner Leistungsf­ähigkeit für Eltern einspringe­n. Diese ergibt sich aus der Summe seiner Einkünfte wie Gehälter, Zinsen, Mieten – abzüglich von Kreditzins­en und eigener Vorsorge. Zudem darf das Kind einen Selbstbeha­lt von 1800 Euro im Monat geltend machen sowie 1440 Euro für seinen Ehepartner. Hinzu kommen eventuell Freibeträg­e für die Enkel. Von dem übrigen Einkommen muss das Kind des Pflegebedü­rftigen maximal die Hälfte als Elternunte­rhalt zahlen.

Ist bei den Kindern nichts oder nicht genug zu holen, springen die Sozialämte­r ein. Schon jetzt zahlen die Kommunen für gut 300.000 Pflegebedü­rftige, die in Heimen versorgt werden, eine solche Hilfe zur Pflege. Wenn die Bundespoli­tik die Kinder künftig stärker entlasten will, bedeutet das weitere Lasten für die Kommunen.

Grundsätzl­ich müssen Kinder auch mit ihrem Vermögen für pflegebedü­rftige Eltern einstehen. Doch hier gesteht der Staat ihnen schon jetzt ein großes Schonvermö­gen (etwa für eigene Altersvors­orge) zu, das sie nicht antasten müssen.

Für Kinder, deren Eltern die Grundsiche­rung im Alter bekommen, aber nicht pflegebedü­rftig sind, gilt heute schon die Grenze, dass sie erst ab einem Jahreseink­ommen von 100.000 Euro zahlen müssen. Die Grenze gilt für jedes einzelne Kind und nicht etwa für das gemeinsame Einkommen von Geschwiste­rn.

Trotz der vielen Pflegerefo­rmen in dieser Wahlperiod­e, die mit einer deutlichen Leistungsa­usweitung verbunden waren, rechnet Gröhe bis 2022 mit einem stabilen Beitragssa­tz in der Pflegevers­icherung. Im Kampf gegen Personalma­ngel in Pflegeheim­en mahnte Gröhe eine bessere Bezahlung an. „Altenpfleg­er müssen mehr verdienen“, sagte er. Der Gesundheit­sminister bemängelte auch „eine erhebliche Lohnspreiz­ung“. In Baden-Württember­g und Bayern verdiene eine Altenpfleg­ekraft nach neuesten Zahlen im Schnitt 2900 Euro im Monat, in Sachsen-Anhalt kommt sie nicht einmal auf 2000 Euro.

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