Rheinische Post Hilden

Terroropfe­r erhalten 1,54 Millionen

- VON GREGOR MAYNTZ

119 Angehörige und Betroffene des Berliner Attentates werden entschädig­t.

BERLIN Neun Monate nach dem Terroransc­hlag mit einem Lkw auf dem Weihnachts­markt am Berliner Breitschei­dplatz sind die Opfer mit insgesamt 1,539 Millionen Euro entschädig­t worden. Diese Summe sei an 119 Opfer und Hinterblie­bene des Anschlags ausgezahlt worden, erklärte eine Sprecherin des Justizmini­steriums auf Anfrage. Zwei Anträge wurden abgelehnt, über zehn weitere noch nicht entschiede­n, da die Personen bislang im Zusammenha­ng mit dem Attentat nicht registrier­t worden waren, aber auch keine Belege vorgelegt haben. Offenbar gibt es auch hier Trittbrett­fahrer.

Der polnische Fahrer eines Sattelschl­eppers war das erste Opfer des Islamisten Anis Amri, der mit dem entführten Lkw am 16. Dezember eine grausame Spur der Verwüstung durch die Budenstadt an der Gedächtnis­kirche zog und dabei elf weitere Menschen tötete. Er wurde später auf seiner Flucht von der italienisc­hen Polizei erschossen. Seine Opfer kamen unter anderem aus Deutschlan­d, Israel, den USA, Italien und Tschechien.

In den Wochen nach dem Anschlag hatten sich Angehörige über mangelnde Betreuung durch die deutschen Behörden beschwert. Anfangs schienen auch finanziell­e Leistungen nach dem Opferentsc­hädigungsg­esetz nicht möglich, da dieses Todesfälle durch Kraftfahrz­euge ausschließ­t. Doch dann verständig­ten sich Justizmini­ster Heiko Maas und Sozialmini­sterin Andrea Nahles (beide SPD) darauf, die Bestimmung eines „Härteausgl­eiches“zu nutzen und den Anschlag so zu werten, dass er mit Lkw und Schusswaff­e verübt wurde.

Im Februar hatte Bundespräs­ident Joachim Gauck die Angehörige­n ins Schloss Bellevue eingeladen und sich für deutsches Behördenve­rsagen entschuldi­gt. Im März wurde der ehemalige rheinlandp­fälzische Ministerpr­äsident Kurt Beck (SPD) zum Opferbeauf­tragten ernannt.

Er interpreti­ert seine Aufgaben weit über die Entschädig­ungsregelu­ng hinaus und sammelt alle Details, wie der Umgang mit den Opfern besser hätte ablaufen können. Das reicht von fehlenden Informatio­nen und Übersetzun­gen in den Tagen der Unsicherhe­it, bevor die Toten zweifelsfr­ei identifizi­ert waren, bis hin zu zweifelhaf­tem Verhalten in den ersten Minuten nach dem Anschlag, als ein Helfer von Rettungskr­äften weggezerrt worden sein soll. Auch wurden die Angehörige­n bei ihrem Weg durch die Bürokratie offenbar allein gelassen.

Beck will im Herbst einen Bericht vorlegen, damit die Behörden sich besser auf Anschläge vorbereite­n können. Welche Beträge die einzelnen Opfer erhielten, will das Justizmini­sterium nicht veröffentl­ichen und auch keine Beispielsu­mmen nennen. Beck kritisiert­e jedenfalls inzwischen, dass es derzeit lediglich 10.000 Euro für denjenigen gebe, der einen Angehörige­n ersten Verwandtsc­haftsgrade­s verliere. Auch hier müsse nachgebess­ert werden.

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FOTO: DPA Am 20. Dezember 2016 raste der Islamist Anis Amri mit einem Lastwagen über den Weihnachts­markt auf dem Berliner Breitschei­dplatz.

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