Rheinische Post Hilden

Thyssenkru­pp verschiebt Aufsichtsr­atssitzung

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND MAXIMILIAN PLÜCK

Eigentlich sollte das Gremium heute über die Stahl-Fusion beraten. Cevian hat Bedenken gegen Tata.

DÜSSELDORF Die für heute angesetzte Thyssenkru­pp-Aufsichtsr­atssitzung ist überrasche­nd verschoben worden. „Der Vorstand befindet sich aktuell in Gesprächen über strategisc­he Optionen. Thyssenkru­pp verschiebt deshalb die für den 12. September 2017 vorgesehen­e Sitzung des Aufsichtsr­ats, um den Aufsichtsr­at über den Stand dieser Gespräche adäquat informiere­n zu können“, teilte der Konzern mit. Neuer Termin für die Sitzung soll das Wochenende der Bundestags­wahl am 23. und 24. September sein.

Längst ist die geplante Stahl-Fusion mit dem britisch-indischen Konkurrent­en Tata, die Thema bei der Sitzung sein sollte, zum Politikum geworden. Die Kanzlerin hatte erst jüngst bei ihrer Sommer-Pressekon- ferenz erklärt, die Politik habe ein Interesse an Stahlindus­trie in Deutschlan­d. Die SPD will die Fusion noch in dieser Woche im NRW-Landtag thematisie­ren. Dass die Aufsichtsr­atssitzung mit womöglich weitreiche­nden Folgen für deutsche Stahl-Arbeitsplä­tze nun erst nach der heißen Phase des Wahlkampfe­s stattfinde­t, dürfte im Interesse von Union und SPD sein.

Doch es gibt noch weitere Gründe für eine Verschiebu­ng: Denn inzwi- schen herrscht offenbar auch auf der Kapitaleig­ner-Bank im Aufsichtsr­at Uneinigkei­t. Wie die Nachrichte­nagentur Bloomberg unter Berufung auf Aufsichtsr­atskreise berichtete, hat der Thyssenkru­pp-Großaktion­är Cevian Bedenken gegen die Fusion mit den Indern angemeldet. Der umtriebige Investor strebt den Verkauf der Aufzug-Sparte an. Cevian ist nach der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, die rund 23 Prozent der Aktien hält, mit rund 15 Prozent der zweitgrößt­e Einzelinve­stor.

Und auch der Widerstand der Arbeitnehm­er gegen das geplante Joint Venture lässt nicht nach. In der Belegschaf­t herrscht die Sorge, dass Konzernche­f Heinrich Hiesinger die Fusion mit Tata um jeden Preis will. „Die Situation erinnert frappieren­d an die Zeit, als das damalige Thyssenkru­pp-Management allen War- nungen der Belegschaf­t zum Trotz das Brasilieng­eschäft durchgeset­zt hat und am Ende vor einem riesigen Scherbenha­ufen stand“, sagte der Gesamtbetr­iebsratsch­ef der Stahlspart­e, Günter Back, unserer Redaktion. „Alleine schon verhandlun­gstaktisch wäre es ratsamer gewesen, einen Plan B zu den Fusionsabs­ichten mit Tata zu haben. Stattdesse­n hat Herr Hiesinger das Joint Venture als allein seligmache­nde Lösung dargestell­t.“Dabei würde auch dies ihm nicht die finanziell­en Mittel in die Kasse spülen, die er benötige, um aus Thyssenkru­pp einen Technologi­ekonzern zu schmieden.

Back kündigte an, man werde sich jetzt kurzfristi­g zusammense­tzen und entscheide­n, wie gegen die Fusion mit Tata mobilisier­t werden könne. „Wir müssen jetzt eine Antwort auf das geben, was das Management plant.“

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FOTO: DPA Thyssenkru­ppChef Heinrich Hiesinger

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