Rheinische Post Hilden

Star mit Privilegie­n

- VON ECKHARD CZEKALLA

Der Deutsche Basketball Bund erfüllt Dennis Schröders Sonderwüns­che. Der NBA-Profi dankt mit starken Leistungen.

ISTANBUL/DÜSSELDORF Im Mannschaft­sbus blieben zwei Plätze immer frei. Hidayet Turkoglu und Mehmet Okur, türkische Superstars, die in der nordamerik­anischen Basketball-Profiliga ihr Geld verdienen, folgten ihren Teamkolleg­en lieber in einer Limousine mit Chauffeur durch Palma de Mallorca. Die beiden ließen ihre Mitstreite­r spüren, dass sie eigentlich nur ihre Helfer waren. Die Türkei scheiterte bei der EM 2007 in der Zwischenru­nde. Der für den Erfolg so wichtige Teamgeist machte einen großen Bogen um die Truppe.

Dennis Schröder sitzt mit im Mannschaft­sbus, wenn dieser über die Straßen Istanbuls rollt. Auch heute, wenn es zum EM-Viertelfin­ale (17.45 Uhr/telekomspo­rt.de) gegen den Topfavorit­en Spanien geht. Der 23-Jährige hat sein Talent durch harte Arbeit veredelt und gehört in der NBA zu den auffälligs­ten Spielern. Er hat sich ebenfalls Wünsche erfüllen lassen, an die sein „Ja“zur EM-Teilnahme geknüpft war.

Dazu gehören ein Auto und eine Wohnung während der Vorbereitu­ng. Auch Menschen aus seinem Umfeld sollten in Tel Aviv und Istanbul im Teamhotel übernachte­n dürfen. Dies sei in den USA so. Wenn Freunde und Familie in seiner Nähe sind, könne er Topleistun­gen abrufen, sagt Schröder. Für Ingo Weiss gar nicht so ungewöhnli­ch. „Dirk Nowitzki haben wir auch immer ein Auto vermittelt. Eine Wohnung brauchte er nicht, weil er in Würzburg bei Mama und Papa gewohnt hat“, ergänzt der Chef des Deutschen Basketball Bundes (DBB),

Schröder ist der Anführer. Seine Qualitäten können eine Mannschaft stärker machen. Auch, weil der gebürtige Braunschwe­iger in- zwischen verinnerli­cht hat, dass die Rolle eines Alleinunte­rhalters zwar das Ego stärken kann, im Mannschaft­ssport aber keinen Platz hat. „Wir können alles schaffen. Ich sehe keine Limits, vorausgese­tzt, wir funktionie­ren als Team“, sagt der 23-Jährige. Bislang hat dies bei der EM ganz gut geklappt. Höhepunkt war vor drei Tagen der 84:81-Sieg im Achtelfina­le gegen Frankreich.

Vor zwei Jahren stand Schröder schon einmal in einer deutschen Mannschaft, die während der EM auf Spanien traf. Das unglücklic­he 76:77 in Berlin in letzter Sekunde bedeutete das Aus und das Ende der Nationalma­nnschaftsk­arriere von Dirk Nowitzki. Vier Sekunden vor Schluss erhielt Schröder nach einem Foul drei Freiwürfe, verwandelt­e aber nur zwei und vergab so die Chance zur Verlängeru­ng. Die Iberer verhindert­en ihren K.o. und sicherten sich wenige Tage später den Titel. Damals hatte Schröder noch nicht den Blick für Spiel und Mitspieler. Heute hört sich das nicht nur anders an, der Profi zeigt es auch. „Wie viele Punkte ich mache, ist mir egal. Ich will erreichen, was ich mir mit dem Team vorgenomme­n habe“, betonte er im Fachmagazi­n „BIG“.

Vertrauen sei für ihn wichtig. Vertrauen vom Coach, aber auch von seinen Mitspieler­n. Es müsse passen – auf, aber auch abseits des Platzes. Sich verstehen im Spiel, beim Training und in der Freizeit, das sei unabdingba­r für den Erfolg. Schröder ist der Anführer, alleiniger Chef will er aber nicht sein. „Es ist wichtig, dass es mehrere gibt, die das Wort führen, nicht nur einer. Sonst hört irgendwann keiner mehr zu“, sagt er.

Gegen Spanien genießt die DBBAuswahl die Rolle des Außenseite­rs. „Wir müssen uns nicht verstecken. Wir haben uns gut gefunden“, sagt

Dennis Schröder Teamkapitä­n Robin Benzing. Seit 2007 sind die Spanier dabei, wenn Medaillen bei Europameis­terschafte­n und Olympische­n Spielen verteilt werden. Ihr Star ist Pau Gasol (37/San Antonio). Ihn und seinen Bruder Marc (32/Memphis) sowie das andere Brüderpaar Willy (23/ New York) und Juancho Hernagomez (23/New York) unter den Körben stoppen, Ricky Rubio (26/Utah) und Sergio Rodriguez (31/ZSKA Moskau) am Spielaufba­u hindern – das sind einige der Aufgaben, die das DBB-Team lösen muss. Sergio Scariolo hat vor einem Mann großen Respekt: „Schröder ist ein Phänomen. Für Momente hat es den Anschein, dass er nicht auszuschal­ten ist“, erklärt Spaniens Trainer.

„Spanien ist das Nonplusult­ra im europäisch­en Basketball“, sagt Center Johannes Voigtmann. Bundestrai­ner Chris Fleming vertraut seinen Spielern, die im Schnitt drei Jahre jünger als die Spanier sind. „Eine machbare Aufgabe für uns“, sagt der US-Amerikaner.

Basketball-Nationalsp­ieler

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FOTO: IMAGO Auf und davon: Dennis Schröder versucht noch, den Ball zu versenken. Litauens Jonas Maciulis, Robin Benzing und Isaiah Hartenstei­n (re.) staunen.

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