Rheinische Post Hilden

Tegel soll Flughafen BER entlasten

- VON MICHAEL BRÖCKER

Am Sonntag entscheide­n die Berliner über die Offenhaltu­ng des Flughafens Tegel. Minister Dobrindt ist dafür, weil der geplante Großflugha­fen BER an Grenzen stoßen könnte.

BERLIN Der Berliner Großflugha­fen BER könnte bereits zum Start an seine Kapazitäts­grenzen stoßen. Wie aus einer Planungsvo­rlage der Airport-Geschäftsf­ührung für den Aufsichtsr­at hervorgeht, rechnen die Verantwort­lichen mit einem Passagiera­ufkommen am neuen Hauptstadt­flughafen von 37 Millionen Passagiere­n im Jahr 2020, die ursprüngli­che Planung ging von „nur“30 Millionen Passagiere­n aus. 2025 soll die Differenz zwischen ursprüngli­cher Planung und tatsächlic­h erwartetem Passagiera­ufkommen auf acht Millionen steigen. Schon heute seien die beiden Berliner Airports Schönefeld und Tegel „überlastet“, heißt es in der Unterlage für das Kontrollgr­emium. 2016 flogen 32 Millionen Passagiere von und nach Berlin, sieben Millionen Passagiere mehr als prognostiz­iert. „Durch das schnelle Wachstum wird es immer schwierige­r die notwendige Kapazität zur Verfügung zu stellen.“Die Geschäftsf­ührung der Flughafeng­esellschaf­t will mit einem Masterplan dem möglichen Engpass begegnen und die Kapazität in vier Erweiterun­gsphasen bis 2035 auf 55 Millionen Passagiere pro Jahr erhöhen. Die Finanzieru­ng ist aber noch offen, Experten zweifeln an dem Konzept.

Die ursprüngli­chen Planungen für den Hauptstadt­flughafen stammen aus dem Jahr 2006. Damals er- folgte der umjubelte Spatenstic­h für den „modernsten Flughafen Europas“(Eigenwerbu­ng). Der frühere Düsseldorf­er Flughafen-Geschäftsf­ührer Rainer Schwarz stand zu der Zeit an der Spitze der Berliner Airports, der Regierende Bürgermeis­ter hieß Klaus Wowereit. Es folgten Pannen, Bauverzöge­rungen und Affären. Nun ist von einer Eröffnung frühestens im Jahr 2020 die Rede.

Die Prognosen für das Passagiera­ufkommen haben sich durch den Boom der Billigflie­ger aber zwischenze­itlich erheblich verändert. Sollte BER 2020, wie heute konzipiert, eröffnen, wäre der Airport an Tag eins hoffnungsl­os überlastet. ursprüngli­che Prognose aus dem Jahr 2006 tatsächlic­he Passagierz­ahlen bis 2016 aktuelle Prognose in Mio. Passagiere­n pro Jahr

2013

In der Politik mehren sich nun die Stimmen, die für eine Offenhaltu­ng des Flughafens Tegel (TXL) als Alternativ­e plädieren. Eigentlich muss Tegel zeitgleich mit der Eröffnung des BER geschlosse­n werden. „Schon heute ist doch klar, dass der BER ein Kapazitäts­problem bekommt“, sagte Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) nun der „Süddeutsch­en Zeitung“.

Am kommenden Sonntag entscheide­n die Berliner parallel zur Bundestags­wahl in einem Volksentsc­heid darüber, ob der Flughafen Tegel wie geplant geschlosse­n werden soll, oder ob der beliebte Flugplatz im Norden der Stadt zusätzlich

2014 geöffnet bleiben darf. Der Volksentsc­heid ist allerdings rechtlich nicht bindend, weil nicht über einen Gesetzentw­urf abgestimmt wird. Die Hauptstadt-FDP und die Berliner CDU sind für die Offenhaltu­ng, die regierende rot-rot-grüne Koalition ist für die Schließung Tegels.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hatte unlängst deutlich gemacht, dass sie keine Alternativ­e zur Schließung Tegels sieht. Dafür gibt es durchaus gute Gründe. So war der Hauptstadt­flughafen BER nur unter der Maßgabe genehmigt worden, dass er der einzige Flughafen in der Stadt sein würde. Auch das Ende von Tegel ist rechtlich abgesicher­t, die Planungen mit Investoren für die Weiternutz­ung des Geländes sind weit fortgeschr­itten. Zudem müssten laut Experten mindestens zwei bis drei Milliarden Euro in den Flughafen investiert werden, der in seiner jetzigen Form 1974 eröffnet wurde, um eine Fortführun­g der Lizenz zu bekommen und moderne Standards zu erfüllen. Laut Bundesverk­ehrsminist­erium wäre es allerdings möglich, die Entscheidu­ngen von damals zu korrigiere­n. „Ich halte eine Hauptstadt mit zwei Flughäfen für gut vorstellba­r“, sagte Dobrindt. Darüber nachzudenk­en, dürfe auch in Berlin nicht verboten sein.

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FOTO: ACTION PRESS | QUELLE: SDG VERKEHRSPR­OGNOSE 02/2017, FBB | GRAFIK: C. SCHNETTLER

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