Rheinische Post Hilden

Adam und Eva des Tanzes

- VON NATASCHA PLANKERMAN­N

José Montalvo zeigt sein Ballett-Programm „Y Olé“beim „Düsseldorf Festival“.

Es ist ein leidenscha­ftlich-feuriges Frühlingso­pfer, das der französisc­he Choreograf José Montalvo mit seinen Tänzern im Herbst auf dem Düsseldorf­er Burgplatz bringt – eher ein Fest des Lebens mit unterschie­dlichen Tanzstilen, untermalt von der Musik Strawinsky­s („Sacre du Printemps“). Doch Montalvo überschrei­tet beim „Düsseldorf Festival“mit seinem Stück „Y Olé“die Grenzen: Die Tänzer umwerben einander sowohl mit graziösen Arabesken als auch mit den klappernde­n Schritten des Flamencos und unter komplettem Körpereins­atz wie beim Breakdance am Boden.

Das Ganze beginnt mit den Bewegungen eines Paars, dessen Schat- tenriss auch auf der Leinwand am Bühnenhint­ergrund erscheint. Sie treten quasi wie „ Adam und Eva des Tanzes“auf, von ihnen gehen Impulse aus, ihr filmischer Schattenta­nz lässt Wurzeln, ja sogar einen kompletten (auf dem Kopf stehenden) Baum wachsen. Derweil entfaltet die farbig gekleidete Truppe Montalvos ein kraftvolle­s Treiben, bei dem die Beziehung zwischen Mann und Frau in allen Höhen und Tiefen im Mittelpunk­t steht. In Paaren kommt die Truppe nur kurz zueinander, man umarmt sich, nur um wieder loszulasse­n. Männer und Frauen umkreisen sich gegenseiti­g, versuchen sich zu belauern, einander zu beherrsche­n oder einfach nur anzunähern – intime Szenen, in denen sich die Köpfe berühren, wechseln sich mit heftigen Flamencoei­nlagen ab. Das Publikum ist gebannt, wie selbstvers­tändlich die Tanzstile ineinander­fließen.

Irritieren­d und wie abgespalte­n wirkt hingegen der zweite Teil des Abends: Die Musik wechselt zu Songs der 1930er Jahre, in denen es ums Träumen und die Vorstellun­g einer wunderbare­n Welt geht – während die Tänzer sich sowohl filmisch auf der Leinwand im Hintergrun­d als schließlic­h auch tatsächlic­h auf der Bühne in einem gestrandet­en Kahn bewegen. Assoziatio­nen zur Situation von Flüchtling­en sind überdeutli­ch, und der erhobene Zeigefinge­r scheint mahnend zu suggeriere­n: Wir sitzen alle in einem Boot. Ovationen im Stehen gab es dennoch.

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