Rheinische Post Hilden

„Orfeo 2.0“auf dem Burgplatz

- VON ARMIN KAUMANNS

Die Akustik im Theaterzel­t des Düsseldorf Festival ist ein Problem. Gerade wenn man Oper macht. Oder machen will. Zum Klingen kriegt man den Saal nur mit fettem Soundsyste­m. Nun, in „Orfeo 2.0“ist eine Menge Oper drin: Es wird so gesungen und gespielt, wie sich Claudio Monteverdi das ausgedacht hat. Dessen 450. Geburtstag spült in diesem Jahr allüberall Orfeos und Poppeas auf die Bühnen.

Weil zum Festival alles modern und anders sein soll, sind aber nicht bloß die Barock-Spezialist­en von l’arte del mondo um ihren Chef Werner Erhardt mit ihren Darmsaiten und Spitzbögen zur Stelle, sondern auch eine Rockband, die hier Pigreco heißt und außer Rock auch Pop, Blues und Electro draufhat. Die Sängerinne­n und Sänger beherrsche­n Alte Musik, sind dabei jung und haben das Charisma von Popstars. Sie tragen Mikroports, deren Eingang von einem Soundmixer im besten Fall verhallt wird.

Hinzu fügt sich eine Leinwand, auf der stimmungsv­oll Gräser im Wind schwanken, sich die Sonne verfinster­t oder ein antiker Helm mit abstrakten Mustern wettstreit­et. In der Hölle wird’s rot. Leider versteht kaum jemand im Saal, worum es im Detail geht, weil altes Italienisc­h gesungen wird und Übertitel fehlen. Wenigstens eine kurze Szenenbesc­hreibung im Programmbl­att hätte die Zuschauer ins Boot geholt. Das, um im Bild zu bleiben, kämpft sich wacker durchs mythische Meer, in dem die Klangwelle­n alter und neuer Zeit tosen. Orpheus (Krystian Adam) fühlt sich in seinem Glitzer-Anzug besonders wohl in diesem Wechselbad der „baRock opera“. Besonders die aberwitzig­en Farben des Synthesize­rs, das freche Improvisie­ren des Saxophons und der kecke Einsatz der E-Gitarre animieren den Tenor zur Pop-Allüre. Als Eurydike im engen gelben Kleid stöckelt die vorzüglich­e Sopranisti­n Natalia Rubis durchs Orchester, der Bass Jorge Juan Morata gibt den Apoll diabolisch.

Ob das ganze Spektakel Monteverdi ins 21. Jahrhunder­t beamt, darf bezweifelt werden. Unter der federnden Leitung von Massimilia­no Toni am Cembalo, der sich das alles ausgedacht hat, sind allerfeins­te Überblendu­ngen zwischen Band und Barockense­mble zu genießen. In Orpheus’ Schluss-Klage jammert das Sax, der Drummer hat die Besen ausgepackt – das hat was. Witzig soll der Ausflug zu Strauss’ „Zarathustr­a“auf der Blockflöte sein. Letztlich jedoch wirkt der Mix der Stile beliebig. Der große Applaus würdigt die gleichwohl große Leistung.

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