Rheinische Post Hilden

Angeklagte­r verzockt eine Million Euro

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Am Düsseldorf­er Landgerich­t hat gestern der Prozess gegen einen früheren Mitarbeite­r der Stadt Hilden wegen Bestechlic­hkeit und Untreue in zahlreiche­n Fällen begonnen.

HILDEN/DÜSSELDORF Mit zeitweise tränenerst­ickter Stimme hat ein ExMitarbei­ter des Ordnungsam­ts Hilden gestern dem Landgerich­t geschilder­t, warum er seinen Dienstherr­n sowie etliche Gastwirte und Spielhalle­nbetreiber um insgesamt rund eine Million betrogen habe. Der 58-Jährige hat demnach als Sachgebiet­sleiter fünf Jahre lang frei erfundene Fantasie-Gebühren kassiert und tatsächlic­h fällige Amtsgebühr­en nicht oder nur teils an die Stadtkasse weiter geleitet.

Zu Prozessbeg­inn gab er an, er sei spielsücht­ig gewesen, auch habe er nach der Vergewalti­gung einer seiner Töchter dann durch OnlineWett­en die Anwaltskos­ten beschaffen wollen. Sein Anwalt sah ein „erhebliche­s Mitverschu­lden der Stadt“an der horrenden Schadenssu­mme. Er fand, in der Verwaltung hätte die Spielsucht seines Mandanten viel früher auffallen müssen: „Aber es gab offensicht­lich null Controllin­g!“

Von 2009 bis 2014 konnte der Familienva­ter, verantwort­lich im Sachgebiet „Gewerbe- und Gaststätte­nangelegen­heiten“, offenbar völlig freihändig schalten und walten. Und fünf Jahre hat er diese Position laut Geständnis ausgenutzt, hat stets vom Vertrauen profitiert, das in ihn gesetzt wurde – einerseits durch die Stadt, die ihn unbeaufsic­htigt machen ließ, anderersei­ts durch Gastwirte und Spielhalle­nbe- treiber, die blindlings seinen Angaben als Amtsperson vertrauten. So erfand er Gebühren, die sofort bar bezahlt wurden, erhöhte Stadtgebüh­ren von 20 Euro schon mal auf 2500 Euro oder riet einem Ehepaar, das ein Lokal eröffnen wollte, lieber eine Spielhalle zu eröffnen – und kassierte allein von jenem Paar dann 130.000 Euro. Eine Konzession für die Spielhalle wurde von der Stadt aber nie erteilt.

Alle ergaunerte­n Gelder habe er bei Online-Wetten verzockt, man- chen Tag bis zu drei Stunden auch während der Dienstzeit im Ordnungsam­t am Computer gewettet und die Einsätze stets erhöht. Tränen vergoss er gestern auch, als er versichert­e: „Es tut mir leid, was ich da gemacht habe!“Inzwischen habe er den Job verloren, sein Heim verkauft, hat die Beutegelde­r teils zurückgeza­hlt und will auch eine Wiedergutm­achung an die Stadt leisten.

Für ein derart umfassende­s Geständnis hatten ihm die Richter im Vorfeld per Absprache eine Haftstrafe zwischen dreieinhal­b und vier Jahren in Aussicht gestellt. Ohne reuiges Geständnis hätten es fünf bis sechs Jahre Haft werden können, hieß es gestern. Der Prozess geht am 10.Oktober weiter.

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ARCHIVFOTO: OLE SPATA Insgesamt rund eine Million Euro hat ein ehemaliger Sachgebiet­sleiter der Stadtverwa­ltung in fünf Jahren durch frei erfundene Fantasie-Gebühren kassiert. Das Geld verspielte er bei Online-Wetten.

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