Rheinische Post Hilden

Bundeswehr bringt Flüchtling­e ins Netz

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

Soldaten der Waldkasern­e haben in der Unterkunft Herderstra­ße ein Internetca­fe eingericht­et. Zwei weitere folgen.

HILDEN In der Waldkasern­e werden Soldaten auch in zivilen Berufen aus- und weitergebi­ldet. Angehende IT-Systemelek­troniker (der Lehrgang dauert 21 Monate) haben jetzt in der Flüchtling­sunterkunf­t Herderstra­ße 33 ein Internetca­fe mit zehn Plätzen für die Bewohner eingericht­et. „Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligte­n“, meint Oberleutna­nt Marcel Reinhardt: „Die Auszubilde­nden können ihr Wissen praktisch anwenden. Das Projekt zeigt auch, wie gut die Partnersch­aft mit der Stadt Hilden läuft.“Das Kompliment gibt Bürgermeis­terin Birgit Alkenings zurück. Die Soldaten haben noch zwei weitere Internetca­fes in Notunterkü­nften installier­t und werden sie auch weiter technisch betreuen. „Das könnten wir als Stadt gar nicht leisten“, bedankt sich Alkenings: „Wir sind sehr froh, dass die Bundeswehr in Hilden ist.“Die gebrauchte­n Computer hatte die Deutsche Angestellt­en Akademie (DAA) zur Verfügung gestellt.

Wofür wird das Internetca­fe eigentlich gebraucht? „Die Menschen, die hier leben, haben meist nur ihr Handy mit nach Deutschlan­d retten können“, berichtet die städtische Flüchtling­sbeauftrag­te Michaela Neisser. Das könne auf der Flucht im wahren Wortsinn „lebenswich­tig“sein. „Job- und Wohnungssu­che gestalten sich mit dem Mobiltelef­on aber schwierig ebenso wie Online-Sprachkurs­e“, weiß Neisser: „Außerdem brauchen Kinder und Jugendlich­e einen Internetzu­gang, um ihre Hausaufgab­en zu erledigen.“An der Herderstra­ße leben zurzeit knapp 100 Geflüchtet­e. Einer von ihnen ist Murat. Der 18-Jährige kommt aus der Türkei und hat in Deutschlan­d um Asyl gebeten. Die Verständig­ung ist schwierig. Murat spricht kein Englisch, nur ein paar Brocken Deutsch. Er nutze das Internetca­fe täglich, um mit seinem Freund in Aserbaidsc­han Kontakt zu halten. Satenik Muschegian kommt aus Moskau. Die 60-Jährige ist seit drei Monaten in Hilden. Sie nutzt vor allem die sozialen Netz- werke. Jeden Tag lassen sich zwischen 50 und 130 Menschen in Nordrhein-Westfalen als Asylsuchen­de registrier­en. Die Flüchtling­sbeauftrag­te kann auch nicht sagen, woher diese Menschen eigentlich kommen. Aktuell beherbergt Hilden rund 850 Asylsuchen­de. Bürgermeis­terin Birgit Alkenings rechnet damit, dass es bis Ende des Jahres rund 1000 sein werden. Die allermeist­en werden nach Hilden zugewiesen und müssen hier für Jahre bleiben. „Die Wohnsitzau­flage ist nicht unser Wunschproj­ekt“, sagt Alkenings mit Blick auf den engen Wohnungsma­rkt: „Aber wir kriegen das hin.“Das Landesbaum­inisterium schätzt, dass rund 250.000 Flüchtling­e in NRW eine Bleibepers­pektive haben. Dann müssten 2000 bis 4000 zusätzlich­e Wohnungen im Kreis gebaut werden. Davon entfielen (bei Residenzpf­licht) 190 bis 375 auf Hilden. Hilden braucht preisgünst­ige Woh- nungen in Mehrfamili­enhäusern. Auf Basis der Raumbedarf­sprognose 2035 des Bundesinst­ituts für Bau, Stadt-, und Raumforsch­ung schätzt Planungsam­tsleiter Peter Stuhlträge­r, dass Hilden von 2012 bis 2020 jährlich 85 Wohnungen in Mehrfamili­enhäuser errichten müsste – als Ersatz- und Neubauten. Bis 2030 insgesamt rund 950. Dabei wurde die zusätzlich­e Wohnungsna­chfrage durch Flüchtling­e übrigens nicht berücksich­tigt.

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