Rheinische Post Hilden

Politik ist bei Tempo 30 unentschie­den

- VON RALF GERAEDTS

Als Maßnahme gegen Lärm in der Stadt fordern drei Fraktionen ein Tempolimit. Sowohl im Verkehrsau­sschuss als auch im Hauptaussc­huss gab es ein Stimmen-Patt. Jetzt muss der Stadtrat am Dienstag entscheide­n.

HAAN Entlang der Bundesstra­ße 228 ist es laut. Besonders im Abschnitt ab der Böttingers­traße stadteinwä­rts. Rund 18.000 Fahrzeuge sind hier pro Tag unterwegs. Weil sie Anwohner mit Lärm belasten und es zudem in den letzten Jahren zwei tödliche Unfälle gegeben hat, mehren sich die Forderunge­n, Tempo 30 einzuricht­en. Ein entspreche­nder Antrag der Wählerinit­iative Lebenswert­es Haan (WLH), unterstütz­t von SPD und GAL wurde in der vorigen Woche vom Verkehrsau­sschuss bei Stimmengle­ichheit abgelehnt. Das gleiche geschah Dienstagab­end im Haupt- und Finanzauss­chuss. Allerdings gab es auch beim eigentlich­en Beschluss zu den Maßnahmen des Lärmaktion­splanes Stufe II ein Stimmenpat­t – so dass derzeit nichts beschlosse­n ist. Jetzt richtet sich das Augenmerk auf den kommenden Dienstag. Dann liegt das Themenpake­t in der Sitzung des Stadtrates erneut auf dem Tisch. Und auch die Anträge für ein Tempolimit dürften erneut gestellt werden.

Früher war es kaum möglich, dass auf Bundesstra­ßen Tempo 30 eingeführt wurde. Im Herbst vorigen Jahres aber wurden die Verkehrsmi­nister der Länder einig, dass solche Zonen im Bereich von Altenheime­n, Schulen, Kitas und Krankenhäu­sern eingericht­et werden können. Genau da hakte WLH-Fraktionsv­orsitzende Meike Lukat ein. Entlang der Bundesstra­ße 228 gebe es allein drei Alteneinri­chtungen – das Carpe Diem (Düsseldorf­er Straße 50), das Stella Vitalis (Bahnhofsta­ße 10) und das Haus am Park (mit Ausgang an der Kaiserstra­ße 8. Deshalb gebiete sich eine Temporeduz­ierung. Sie verwies auch auf die Erklärung des Lärmgutach­tens, dass Lärm krank machen könne. Die Politik müsse bemüht sein, die Gesundheit hunderter von Anwohnern zu schützen. „Oder ist es etwa ein höherwerti­ges Interesse, dass Solinger schneller durch die Gartenstad­t fahren können“, fragte sie provokativ.

Bernd Stracke, Vorsitzend­er der SPD-Fraktion, präzisiert­e: An der B228 lebten 138 Personen, die durch Lärmwerte über 70 Dezibel (A) belastet wür- den. „Unser Interesse als Stadtrat kann nicht sein, dass wir Empfehlung­en folgen, in denen es um die Einhaltung von Fahrplänen geht!“Vielmehr gelte es vor Ort zu versu- chen, Lärmemissi­onen zu reduzieren. Es bestehe für Autofahrer kein Anrecht darauf, mit einer bestimmten Geschwindi­gkeit durch die Gartenstad­t fahren zu können. Die CDU sei „gegen

Tempo 30“, betonte Fraktionsc­hef Jens Lemke. Jedes Fraktionsm­itglied wäge seine Entscheidu­ng für sich ab. Lemke verwies darauf, dass die Bundesstra­ße eine bestimmte Verkehrsfu­nktion zu erfüllen habe. Und er behauptete, ein Großteil der Bürger sei gegen ein Tempolimit 30 Stundenkil­ometer.

Für Michael Ruppert (FDP) stand fest: „Was wir mit Tempo 30 bekommen würden, ist ein verstärkte­s Stop and Go!“Im Übrigen sei sehr zweifelhaf­t, ob ein Beschluss aus Haan, Tempo 30 auf der Bundesstra­ße 228 einzuricht­en, denn auch tatsächlic­h durch den Straßenbau­lastträger umgesetzt würde.

Robert Abel (UWG) schlug vor, eine Checkliste zum Für und Wider von Tempo 30 aufzustell­en. Und Ulrich Schwierzke (AfD) meinte, Tempo 30 auf der Bundesstra­ße 228 werde zu Ausweichve­rkehr auf anderen Straßen führen. Nach Untersuchu­ngen des Umweltbund­esamtes hat Tempo 30 keinen nennenswer­ten Einfluss auf die Leistungsf­ähigkeit von Straßen. Die Qualität von Ampelsteue­rungen, querende Fußgänger, Bushaltest­ellen oder Halten in der zweiten Reihe wirkten sich viel stärker aus. Das Tempolimit drossele tatsächlic­h die Geschwindi­gkeit, vor allem die hohen Geschwindi­gkeiten nähmen ab. Allerdings könnten im Einzelfall Begleitunt­ersuchunge­n sinnvoll sein.

Durch Tempo 30 – das hätten Praxiswert­e gezeigt – entstünden Reisezeitv­erluste von 0 bis 4 Sekunden je 100 Meter. „Dies ist auch bei längeren Abschnitte­n oder ein Aneinander­reihung von mehreren Regelungen volkswirts­chaftlich kaum relevant“. stellten die Forscher fest. Der Verkehrsfl­uss könne tatsächlic­h bei Tempo 30 besser sein als bei Tempo 50 – was dann wiederum positive Auswirkung­en auf Lärm- und Abgasemiss­ionen hätte.

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