Rheinische Post Hilden

Hilden prüft papierlose­n Stadtrat

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

Auf Antrag der CDU wurde ein Beschluss noch nicht gefasst und in die nächste Sitzung im Dezember verschoben. Einige Fragen müssen noch geklärt werden.

HILDEN Der Stadtrat ist das Lokalparla­ment. Er besteht aus 44 Mitglieder­n, hinzu kommen 100 sachkundig­e Bürger, zusammen also 144 Gremienmit­glieder. 489.000 Seiten hat die Stadtverwa­ltung im vergangene­n Jahr gedruckt, um alle Politiker mit Beratungsu­nterlagen zu versorgen. Mit Versand kostet das gut 97.000 Euro im Jahr. Die FDP hat beantragt, auf Papier zu verzichten und auf Tablet-Computer umzusteige­n – um langfristi­g Geld zu sparen. Auf Antrag der CDU hat der Rat jetzt eine Entscheidu­ng auf Dezember vertragt.

Viele Fragen sind noch offen, zeigte die Diskussion. SPD und FDP wollen, dass die Ratsmitgli­eder eigene Tablets nutzen (Variante 2: Kosten 21.750 Euro einmalig plus 3451 Euro jährlich). Bürgerakti­on, Allianz und Grüne fordern, dass die Verwaltung die Computer bereitstel­lt (Variante 1: Kosten 74.450 Euro einmalig plus 9200 Euro jährlich). Ein Mix aus beiden Varianten würde 50.450 Euro einmalig plus 3451 Euro jährlich kosten (Variante 3). Bürgermeis­terin Birgit Alkenings spricht sich für Variante 2 aus – weil die den städtische­n Haushalt am wenigsten belaste. Falls kein Tablet vorhanden ist, könnten die Gremienmit­glieder ihre Aufwandsen­tschädigun­g von 290 Euro im Monat dafür einsetzen, schlägt der Kreis als Aufsichtsb­ehörde vor. Das lehnen Ludger Reffgen (BA) und Klaus-Dieter Bartel (Grüne) ab: Papier/ Handwerksz­eug sei ja auch bislang von der Verwaltung gestellt worden.

Die Stadt Monheim verleiht Tablets an Ratsmitgli­eder und Sachkundig­e Bürger. Yannik Hoppe (FDP) brachte einen „einmaligen Zuschuss“für die Anschaffun­g der Tablets ins Gespräch. Die Grünen möchten zudem eine Übergangsf­rist von sechs Monaten, in der parallel digital und mit gedruckten Unterlagen gearbeitet wird. Das wiederum lehnt die SPD ab. Wenn die Stadt die Tablets anschafft, muss sie die Computer auch warten, erläutert die Bürgermeis­terin: „Damit entsteht langfristi­g ein höherer Aufwand.“Alkenings hat sich bei der Kommunalau­fsicht (Kreis) nach der Rechtslage erkundigt: „Die Sitzungsun­terlagen müssen nicht auf Papier zugestellt werden.“Es reiche, wenn sie im Rats-/Bürgerinfo­rmationssy­stem digital zur Verfügung stehen. Über das Portal könne sie ja jeder ausdrucken – privat. Auf die Papiereinl­adung zu den Sitzungen könne die Verwaltung nur verzichten, wenn jedes Gremienmit­glied das persönlich unterschre­ibe. Die Stadt Leverkusen hat vor drei Jahren iPads nur für die Ratsmitgli­eder angeschaff­t, berichtet Michael Molitor, stellvertr­etender Leiter des Fachbereic­hs Oberbürger­meister/ Rat/Bezirke: „Etwa 80 Prozent haben ein iPad genommen, der Rest arbeitet noch mit Papier. Wir haben noch keinen papierlose­n Stadtrat, wir sind auf dem Weg dahin.“

Die Geräte mit AppleBetri­ebssystem wurden über eine städtische Tochterfir­ma geleast. Dort über- nehme ein Mitarbeite­r auch Wartung und Support. Er werde jedoch nur selten gebraucht. Für die Sachkundig­en Bürger seien keine iPads angeschaff­t worden: „Das ist von den Kosten her nicht gerechtfer­tigt. Sie können ihre Unterlagen ausdrucken.“Die Ratsmitgli­eder mit iPad seien zufrieden, ist der Eindruck von Molitor: „Die digitale Gremienarb­eit funktionie­rt. Das ist auch eine Generation­enfrage.“Jüngere täten sich damit leichter als Ältere.

Die Stadt Monheim hat bereits vor gut zwei Jahren auf den papierlose­n Stadtrat umgestellt. Alle Ratsmitgli­eder und sachkundig­en Bürger haben von der Stadt Tablets (auf Wunsch) bekommen, berichtet Martin Frömmer, Leiter Zentrale Dienste. Gedruckte Sitzungsun­terlagen gebe es nicht mehr. Nach einer Eingewöhnu­ngsphase funktionie­re die digitale Gremienarb­eit gut. „Es geht nicht um die Kosten, sonder die Vereinfach­ung der Prozesse“, betont Frömmer: „Wenn früher der Haushaltsp­lan gedruckt wurde, war unsere Hausdrucke­rei eine Woche nur damit beschäftig­t. Jetzt steht er online zur Verfügung – per Knopfdruck.“Der Landschaft­sverband Rheinland hat seinen 192 Mitglieder­n 2015 iPads angeboten. 170 (88,4%) arbeiten jetzt digital, berichtet Presserefe­rent Till Döring: „Davon nutzen 25 eigene Geräte.“Die Investitio­n für die digitale Gremienarb­eit (263.000 Euro) hat sich im kommenden Jahr amortisier­t. Die Stadt Hilden wendet in diesem Jahr laut Haushaltsp­lan 723.000 Euro für den Stadtrat, die Ausschüsse und Fraktionen auf. Vor zwei Jahren waren es noch 620.000 Euro.

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