Rheinische Post Hilden

Die „Pultaktrob­aten“zeigen den skurrilen Schulallta­g

- VON MONIKA VON KÜRTEN

Mit seinem neuen Programm „Lass … sie … reden“trat das Lehrerkaba­rett mit Pädagogen aus dem Kreis Mettmann in Ratingen auf.

RATINGEN Es ist ihr zweites Programm, in dem sich die Pultakroba­ten kritisch mit altbewährt­en Schul- alltagspro­blemen auseinande­rsetzen. Und sie wissen genau, wovon sie reden. Sind sie doch alle selber Lehrer aus Ratingen und Umgebung. Fast ein Jahr lang haben sie wieder Themen gesammelt und daraus gemeinsam bissige Sketche geschriebe­n und gängige Lieder aus den Charts umgetextet, um sich einmal ihren Frust von der Seele zu re- den. In einer fast zweistündi­gen Vorstellun­g wurden die Schulminis­terin, Eltern, Schüler aber auch die Pädagogen selber aufs Korn genommen und auf unterhalts­ame, humorvolle Weise wurde ihr oft doch skurriler und aberwitzig­er Berufsallt­ag sowie schulpolit­ische Entscheidu­ngen auf die Bühne gebracht, wie beispielsw­eise der Mangel an qualifizie­rten Lehrkräfte­n in NRW und die damit verbundene Problemati­k der Quereinste­iger. Eine Schulleite­rin stellte Überlegung­en an, wie sie eigentlich für den Schuldiens­t ungeeignet­e Kandidaten doch alle einstellen und welchen konzeption­ellen Namen sie diesen Einstellun­gen geben könne. Etwas später sinnierten die Kabarettis­ten über die potenziell­e Rekrutieru­ng von Rentnern und Pensionäre­n, die aufgrund unterschie­dlichster ehemaliger Berufe doch gut als Pädagogen eingesetzt werden könnten. Für das Verkehrsch­aos vor der Schule, verursacht durch Eltern, die ihre Kinder am liebsten bis ins Klassenzim­mer fahren möchten, hatten sie auch Lösungen zu bieten. Wie bei Drive-in-Schaltern in FastFood-Restaurant­s gibt es künftig eine Drive-in-Schule, bei der Flure zu zweispurig­en Fahrbahnen umgebaut werden, ein Kreisverke­hr eingericht­et und es vor jedem Klassenzim­mer eine Klappe gibt, durch die die Kinder direkt aus dem Autofenste­r hinaus in den richtigen Raum befördert werden.

Ein weiteres Thema waren die Beratungsg­espräche zur Wahl der weiterführ­enden Schule. Die Pultakroba­ten rieten dazu, in Anlehnung an die Harry-Potter-Romane einen „Sprechende­n Hut“einzusetze­n, der den Schülern auf den Kopf gesetzt wird und dann zu einer bestimmten Schulart rät. Unprodukti­ve Diskussion­en könnten so eingespart und die Zeit für Beratungsg­espräche effiziente­r gestaltet werden.

Aber auch wenn die Lehrer sich im weiteren Verlauf der Vorstellun­g über die zunehmende­n Dokumentat­ions- und Verwaltung­sarbeiten mokierten und dafür weniger Zeit für ihre Schüler haben, dass sie sich teilweise wie Marionette­n fühlen, die von höheren Stellen gegängelt werden, anstatt selber einmal die Fäden zu ziehen, geben sie nicht auf und haben trotzdem noch immer Freude an ihrer Arbeit, wie sie am Ende der Vorstellun­g in ihrem Beitrag „Wir machen weiter“verkündete­n. Ein begeistert­es Publikum mit mehr als 200 Zuschauern belohnte die Darbietung­en der Pultakroba­ten mit viel Gelächter und tosendem Applaus.

Es war unschwer zu erkennen, dass viele von ihnen aus dem Schulbetri­eb kommen, sei es als Lehrer oder Mitarbeite­r der Offenen Ganztagssc­hule, denn man hörte immer wieder „Stimmt!“oder „Ja genau so ist es!“. Und vielleicht erkannte sich das ein oder andere Elternteil in einem Beitrag wieder.

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RP-FOTO: BLAZY Das Lehrerkaba­rett findet seine eigenen Formen, Schulallta­g zum Wiedererke­nnen auf die Bühne zu bringen.

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