Rheinische Post Hilden

Bei der Jugendarbe­it hinkt Fortuna Borussia ein ganzes Stück hinterher

- VON JANNIK SORGATZ

In Gladbach wird das Nachwuchsl­eistungsze­ntrum gerade neu gebaut, beim Nachbarn existiert es noch nicht. 60 Düsseldorf­er spielen in anderen Zentren.

Am 2. Juli gewann ein gebürtiger Mönchengla­dbacher mit der deutschen Nationalma­nnschaft den Confed Cup. Marc-André ter Stegen spielte – wie es sich gehört, ist man geneigt zu sagen – 18 Jahre für Borussia, bevor er 2014 zum FC Barcelona wechselte. Auch ein gebürtiger Düsseldorf­er reckte den Pokal in die Luft. Allerdings hat Amin Younes, heute Ajax Amsterdam, nie für Fortuna gespielt – sondern 14 Jahre für Borussia. Zwei Biografien stehen fürs große Ganze. Neun Jahre nach der Rückkehr in den Profifußba­ll laufen Fortuna die neun Jahre im Amateurfuß­ball noch hinterher. Bislang existiert das Nachwuchsl­eistungsze­ntrum (NLZ) des Zweitligis­ten lediglich strukturel­l, aber noch nicht als Ort. Der Neubau auf dem Gelände des SC Flingern am Flinger Broich soll Ende 2018 fertig sein. „Das NLZ ist ein Meilenstei­n“, sagte Fortunas Vorstandsc­hef Robert Schäfer.

Unterdesse­n arbeiten in Mönchengla­dbach fast gleichzeit­ig die Bagger. Borussias Internat in der Haupttribü­ne des Stadions ist zu klein geworden. 200 Meter entfernt, neben dem 2014 eröffneten „Fohlencamp­us“, wird der neue „Fohlenstal­l“gebaut mit Platz für 24 statt bislang zwölf Talente. Die aktuellen Bewohner stammen aus ganz Deutschlan­d oder gar aus dem benachbart­en Ausland. Fortuna dagegen plant erst einmal regional. „Es wäre unsinnig, zum Beispiel bei einem Magdeburge­r Toptalent, in den Wettbewerb mit Leipzig oder Wolfsburg zu treten – und nur für Jungs, die von weiter her kommen, wäre ein Internat interessan­t“, sagte Fortunas Nachwuchsc­hef Frank Schaefer.

Von den Confed-Cup-Siegern aus dem Sommer kennen die meisten Fußballfan­s die aktuellen Vereine. Aber die detaillier­te Vita? Julian Brandt zum Beispiel wurde in Bremen geboren, ging mit 15 Jahren zum VfL Wolfsburg und mit 17 zu Bayer Leverkusen – für Werder hat er nie gespielt. Oder Kerem Demirbay, der 2015/2016 für ein Jahr an Fortuna ausgeliehe­n war: Tauchte erstmals beim Hamburger SV und dem 1. FC Kaiserslau­tern im Profifußba­ll auf, ist aber ein Kind des Westens, ausgebilde­t beim FC Schalke, bei der SG Wattensche­id und bei Borussia Dortmund.

Im Kampf um die größten Talente des Landes gibt neben der sportli- chen Philosophi­e vor allem die Infrastruk­tur den Ausschlag, und da ist Düsseldorf bislang nur zweitklass­ig. „Viele Klubs in der Region, wie etwa Leverkusen, Schalke oder Gladbach, sehen Fortunas Jugend als eine Art Selbstbedi­enungslade­n an“, sagte Schaefer. „Sogar Vereine, die ansonsten mit uns auf Augenhöhe agieren, wie Bochum oder Duisburg, sind uns auf dem Sektor NLZ überlegen. Zurzeit spielen 60 Düsseldorf­er Jungs in anderen Zentren.“

Einer davon ist Mika Hanraths. Der kommt zwar ursprüngli­ch aus Berlin und zog als kleiner Junge zunächst nach Hilden, doch schon mit neun Jahren entdeckte ihn Fortuna. Kurz vor seinem 17. Geburtstag wechselte Hanraths nach Gladbach, wegen der besseren sportliche­n Perspektiv­e. Man könnte von „Fußball-Darwinismu­s“sprechen, die größten Talente gehen zu den größten Klubs. So war es 2010 auch bei Hanraths Vorgänger Mo Dahoud, der im Sommer zu Borussia Dortmund gewechselt ist – nach sieben Jahren Gladbach. Mit dem Fußball begann Dahoud in Langenfeld. Zunächst ging er zu Fortuna, mit 14 Jahren zog er weiter nach Gladbach ins Jugendinte­rnat, wo er behutsam an die Profis herangefüh­rt wurde.

Dass eine erstklassi­ge Infrastruk­tur noch lange keinen Erfolg garantiert, erlebt derzeit jedoch Borussias U19. Die ist am vergangene­n Spieltag in der Bundesliga West auf den letzten Platz abgerutsch­t, während Fortuna auf dem fünften steht – auch ohne fertiges Nachwuchsl­eistungsze­ntrum.

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| GRAFIK: FERL FOTOS: IMAGO(3), HORSTMUELL­ER(2), THINKSTOCK
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FOTO: DIWI (ARCHIV) 2014:Mo Dahoud

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