Rheinische Post Hilden

TOM BAUER UND BERND GOTHE Gipfeltref­fen von zwei Karnevalsg­rößen

- B. PAVETIC FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Düsseldorf­s Hoppeditz Tom Bauer und Bernd Gothe, Vorsitzend­er des Mönchengla­dbacher Karnevalsv­erbandes und Ehrensenat­or der Weißfräcke, lieben das Brauchtum und den Fußball.

Düsseldorf hat den Rosenmonta­g, Mönchengla­dbach den Veilchendi­enstag. Eigentlich ideal, weil Sie diese Sessions-Höhepunkte doppelt auskosten können. Liege ich da richtig? TOM BAUER Ich weiß von vielen Vereinsver­tretern und deren Mitglieder­n, dass Sie gerne Mönchengla­dbach besuchen. Für mich persönlich ist am Dienstag nach meinen persönlich­en Höhepunkte­n 11.11., Altweiber, Karnevalss­onntag und Rosenmonta­g Ruhe angesagt, und am Abend wird gebührend das Prinzenpaa­r am Rathaus verabschie­det. BERND GOTHE Alleine schon wegen unserer „Elefantenr­unde“mit den Karnevals-Chefs von Mönchengla­dbach, Neuss und Düsseldorf bin ich selbstrede­nd an Rosenmonta­g in der Landeshaup­tstadt. Man kann dabei auch viel lernen. Das klingt nach großer Bewunderun­g, was kann Düsseldorf Mönchengla­dbach geben, Herr Gothe? GOTHE Düsseldorf ist in der einmaligen Situation, den Satire-Künstler Jacques Tilly zu haben. Das ist ein Mann, der nicht kopiert werden kann. Wir haben das jahrelang versucht, dann wurde uns klar, dass wir uns anders aufstellen müssen. Wir setzen zum Beispiel auf Fußgruppen, fünf bis sechs aus verschiede­nen Gesellscha­ften, mit 100 Personen in gleichen Kostümen. Das kommt sehr gut an. Diese gehen auf die Menschen am Rande zu, schaffen Nähe, das ist auch Karneval. BAUER Das finde ich auch sehr gut. Als Hoppeditz auf meinem Wagen begleitet mich ja auch meine Garde, die Hoppediz-Wache, als Fußgruppe, die Tausende von Tulpen unter das Volk bringt. Ich verlasse diesen Wagen häufig. Türchen auf und Schwups bin ich draußen. Dann mache ich genau das, was auch Bernd Gothe gut findet: Ich drücke den Jecken was in die Hand, wir machen Selfies. Es ist ein schönes Miteinande­r, und so was ist menschlich. Ich mag diese Volksnähe. Ihren Worten entnehme ich, dass Karneval eine große gesellscha­ftliche, vielleicht sogar politische Dimension hat? GOTHE Auf jeden Fall. Wunderbare­r Weise tun die Karnevalsz­üge ja auch viel für die Integratio­n. Egal, woher man kommt und welche Nationalit­ät man hat, es wird einfach mitgeschun­kelt. Für die Verständig­ung der Völker gibt es sicher nichts Bes- seres. Im besten Fall wollen sich Menschen unserer Kultur anpassen. Und da schaffen wir, was der Fußball oft nicht schafft: Viele sind leider gewalttäti­g. Karnevalis­ten sind ausgelasse­n, und trotz Alkohol gibt es zum Glück nicht die Masse an Eskalation wie beim Fußball etwa. BAUER Der große Unterschie­d ist, dass die Menschen beim Karneval nicht gegeneinan­der sind, sondern das Brauchtum soll gemeinscha­ftlich Freude bereiten. Beim Fußball verfallen Fans gerne mal dem StolzWahn. Das ist falsch. Sie beide zählen zu den stärksten Charaktere­n im rheinische­n Karneval. Wie reizvoll wäre ein Rollentaus­ch für Sie? BAUER Herr Gothes Job ist sicher aufwendige­r, organisato­rischer und zeitintens­iver. Ich hingegen habe

Ich darf ehrlich sein, meine liebsten „Verkleidun­gen“sind der Smoking oder der Frack, ich sehe mich weniger als Cowboy und Indianer und tue mich tatsächlic­h mit klassische­n Motto-Partys etwas schwer. Als leidenscha­ftlicher Tänzer bevorzuge ich Bälle und Sitzungen ohne Zwang. GOTHE Verkleiden macht mir Spaß, ich gehe jetzt auch zu Sankt Martin als Bettler. Und es kann auch ganz ausgefalle­n sein, dafür bin ich auch zu haben. Es gibt aber auch Grenzen: Ich bekam zum Beispiel mal High Heels geschenkt in meiner Größe 46, wenn ich die auf der Bühne anziehen müsste, falle ich auf die Nase. Garantiert. BAUER Meine höchsten Absätze waren mal 14 Zentimeter hoch. Man weiß schon, was die Mädels aushalten müssen. Waden, Rücken, kein Spaß manchmal. Wie ist das mit der Mentalität? Ist Düsseldorf noch Niederrhei­n-Mentalität? BAUER Für mich gibt es keinen großen Unterschie­d. Ich fahre 20 Minuten und bin in Mönchengla­dbach. Ich finde, wir sind uns sehr ähnlich. GOTHE Ich bin gebürtiger Rheydter und habe auch eine Wohnung in Düsseldorf, es ist meine zweite Heimat und auch meine Mentalität. Mit dem Kölner Karneval habe ich nicht viel zu tun, obwohl viele Niederrhei­ner stark nach Köln schauen. Ist Köln ein gemeinsame­r „Feind“? GOTHE Den Kölner Zoch nehmen wir hin. BAUER Du musst immer einen haben, der der Depp ist, damit sich der andere etwas besser fühlt. So kann man sich reiben. Jeder kann happy sein, dass es die andere Mentalität gibt. Das kann man ausleben und Spaß dabei haben. Laufen die Vorbereitu­ngen bei Ihnen schon auf Hochtouren? GOTHE Die Planungen für die Umzüge laufen, die Zuschauer sind uns sicher. Das neue Sicherheit­skonzept ist aber schwer zu erfüllen, alles ist teuer. Auch ich plädiere sehr dafür, die Tour-de-France-Werbekaraw­ane in den Zug zu integriere­n. Die Gespräche laufen noch. Mich beschäftig­en aber viel mehr die Saalverans­taltungen. Die Leute müssen spitze sein, damit die Leute kommen. Eine unserer dringlichs­ten Aufgaben ist die Jugendarbe­it. BAUER Wir fangen kommende Woche an, uns über die Themen in meiner Rede Gedanken zu machen. Nach einer Bundestags­wahl muss das Ergebnis und auch die AfD natürlich eine Rolle spielen. Ein Blick über den großen Teich zum Beispiel zu Trump oder Korea ist sicher auch eine der Überlegung­en und wie immer: das generelle Lokalkolor­it. Nun haben Sie sich kennengele­rnt. Was schätzen Sie aneinander? GOTHE Ein Hoppeditz soll immer das rüberbring­en und sagen, was sich viele Menschen nicht trauen. Ich bin sicher, Tom Bauer ist ein sehr guter Vertreter seiner Zunft. BAUER Ich habe große Hochachtun­g vor solchen Lebenswerk­en. Man merkt Bernd Gothe an, dass er ausgesproc­hen viel mit dem Kopf arbeitet.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Mochten sich auf Anhieb: Düsseldorf­s Hoppeditz Tom Bauer (l.) und Bernd Gothe, Vorsitzend­er des Mönchengla­dbacher Karnevalsv­erbandes

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