Rheinische Post Hilden

STENGLEIN „Wölfe auf keinen Fall füttern“

- SUSANNE GENATH FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

In Rösrath und Gummersbac­h wurden zwei einzelne Wölfe nachgewies­en. Katharina Stenglein vom Naturschut­zbund (Nabu) berichtet morgen in Leverkusen von der „Rückkehr der Wölfe“. Sie ist Luchs- und Wolfsberat­erin des Landes NRW.

Obwohl die meisten Deutschen noch keinen Wolf in freier Wildbahn gesehen haben, haben viele Angst vor ihm. Ist das gerechtfer­tigt? STENGLEIN Ängste kann man oft nicht begründen. Klar ist, dass der Wolf ein Tier ist, das wir hier nicht mehr gewöhnt sind. Und es kommt mit den heutigen Lebensbedi­ngungen sogar gut zurecht. Wölfe nutzen zum Beispiel die menschlich­en Wege, weil es für sie praktische­r und energiespa­render ist, als durchs Unterholz zu laufen. Der normale Wochenends­paziergäng­er im Wald wird aber wohl in der Regel keinen Wolf zu Gesicht bekommen. Gibt es hier in der Region Wölfe? STENGLEIN Im Mai wurde ein Wolf in Gummersbac­h gesichtet und gefilmt. Letztes Jahr ist einer in Rösrath aufgetauch­t, der aber wieder nach Niedersach­sen (in die Nähe von Cuxhaven) zurückgeke­hrt ist, weil er hier keine Partnerin gefunden hatte. In Nordrhein-Westfalen gibt es während der Wolfswande­rzeiten nur wenige Einzeltier­e, da fällt die Partnersuc­he schwer. Wo leben die meisten Wölfe? STENGLEIN In Brandenbur­g, Mecklenbur­g-Vorpommern, Niedersach­sen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und auch in Bayern. Deutschlan­dweit soll es Hochrechnu­ngen zufolge etwa 500 Wölfe geben, die in rund 50 Rudeln und als Paare sowie einzeln leben. In NRW dagegen wurde in diesem Jahr bislang sieben Mal ein Wolf gesichtet. Dabei handelte es sich vermutlich um drei verschiede­ne Tiere. Aus wie vielen Tieren besteht ein Rudel? STENGLEIN Im Prinzip ist das Wolfsrudel mit einer menschlich­en Familie vergleichb­ar. Es besteht aus den Elterntier­en – die sich übrigens nach Möglichkei­t ein Leben lang treu sind – und ihren ein bis zwei Jahre alten Jungen, den so genannten Jährlingen, sowie den Welpen, die immer im April beziehungs­weise Mai geboren werden. In der Regel sind es fünf bis acht Tiere. In Griechenla­nd soll eine englische Touristin von einem Wolfsrudel zerfleisch­t worden sein. Wie gefährlich sind Wölfe für Menschen? STENGLEIN Es gibt dazu eine europaweit­e Studie namens „Nina“. Demnach sind seit den 1950er-Jahren in der EU neun Fälle bekannt, in denen Menschen durch Wölfe getötet wurden. In fünf Fällen davon waren die Tiere tollwütig, in den anderen vier Fällen waren sie durch Menschen angefütter­t worden und hatten so die natürliche Distanz zum Menschen verloren. Bei dem Fall in Griechenla­nd müssen wir erst die Ermittlung­sergebniss­e abwarten. Die letzten Wölfe waren dort vor drei bis vier Jahren gesichtet worden. Wahrschein­licher ist es nach Angaben der Verbände vor Ort, dass ein Rudel wilder Hunde die Frau angegriffe­n hat. Auch in Deutschlan­d sterben ja jedes Jahr mehrere Menschen durch Hundeattac­ken. Wildschwei­ne können ebenfalls tödlich sein. Wie sollte man sich verhalten, wenn man auf einen Wolf trifft? STENGLEIN Man kann das Tier laut ansprechen oder in die Hände klatschen. Man kann sich aber auch ruhig zurückzieh­en. Man kann auch gerne ein Foto machen und es an den zuständige­n Wolfsberat­er oder das Landesamt für Natur-, Umwelt und Verbrauche­rschutz (Lanuv) schicken, damit das Vorkommen dokumentie­rt ist. Wichtig ist, Wölfe nicht zu füttern und sie damit an den Menschen zu gewöhnen. Wem wird der Wolf gefährlich? STENGLEIN Unter anderem ungeschütz­ten Weidetiere­n. Für die Landwirte und Tierhalter bedeutet die Rückkehr des Wolfes natürlich eine Umstellung und mehr Aufwand, weswegen sie die Rückkehr häufig skeptische­r sehen. Sie brauchen dadurch möglicherw­eise andere Zäune und/oder zusätzlich­e Herdenschu­tzhunde. Was passiert, wenn ein Wolf ein Schaf oder eine Ziege reißt? STENGLEIN Zunächst einmal ist es natürlich sehr bitter für den Tierhal- ter. Abgesehen davon, dass wildernde Hunde immer wieder solche Schäden verursache­n, ist es dennoch tragisch. Der Landwirt sollte sich dann an den für ihn zuständi- gen Luchs- und Wolfsberat­er wenden. Wir Berater begutachte­n das Rissbild, machen Fotos, nehmen möglicherw­eise DNA-Proben und schicken alles an das Landesamt für STENGLEIN Sie können im Zoo ungefähr 15 Jahre alt werden. In der freien Natur liegt die Lebenserwa­rtung aber nur bei rund sieben Jahren.

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FOTO: PATRICK PLEUL (ARCHIV) Lange Zeit nur in Tiergehege­n zu sehen, wird der Wolf nun auch in heimischen Landschaft­en gesichtet.

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