Rheinische Post Hilden

Wo Lehrer und Schüler Röcke tragen

- VON ANNIKA BAUR

Monheimer Gymnasiast­en werben für Toleranz. Das ungewöhnli­che Projekt ist auch anderswo ein Gesprächst­hema.

SÜDKREIS An diesem Donnerstag ist alles anders: Nach dem Gong zur Pause tragen Lehrer und Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums Röcken. Egal ob Oberstufe oder Unterstufe, männlich oder weiblich – alle machen mit. „Wir möchten damit ein Zeichen setzen“, sagt Fabrice Boursier, Schüler des OHGs. Gemeinsam mit der Schülerin Enza Weber hat er das Projekt „Rock on! Are you skirt of it?“ins Leben gerufen. Es wurde im Rahmen des Sally Perel-Preises organisier­t. Diese Auszeichnu­ng ehrt Jugendlich­e und junge Erwachsene, die sich für Respekt und Toleranz einsetzen. Dieses Jahr ist das Motto des Preises „LGBTQ – auch das ist normal!“. Es spricht alle Geschlecht­er und formen der Sexualität­en an, um zu zeigen, dass diese auch normal sind.

„Gerade die Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n sollten in einem Umfeld aufwachsen, in dem sie sich uneingesch­ränkt ausleben können“, erläutert Enza Weber. „Deshalb soll die Norm aus der sexistisch­en Ruhe gebracht werden, um das ‚Unnormale‘ zu fördern.“

Die Idee des Projektes entwickelt­en die Oberstufen­schüler beim Einkaufen für eine Schulauffü­hrung. „Wir mussten unter anderem einen Rock kaufen und da hab ich mir gedacht, dass ich einmal mit einem zur Schule kommen möchte“, erklärt Fabrice. „Da ich keine RockTräger­in bin, fand ich die Idee super, mal mit einem Rock zur Schule zu kommen“, fügt Enza hinzu. So hätten die beiden Schüler in einer kleinen Gruppe die Idee fortgeführ­t und umgesetzt.

„Wir haben ein Datum festgelegt, uns einen Titel überlegt und die Schüler und Lehrer des OHGs infor- miert“, sagt Fabrice. Und tatsächlic­h macht ein Großteil mit. Von den Schülern tragen vor allem die Mädchen und ein kleinerer Teil der Jungen einen Rock. Bei den Lehrern sind es verhältnis­mäßig viele Männer, die neben den Frauen das Kleidungss­tück tragen. „Die Idee fand ich gut, denn für mich macht es keinen Unterschie­d ob ich mit oder ohne Rock unterricht­et“, sagt Lehrer Tim Schellartz. „Ich finde es super, dass die Schüler aus eigener Motivation so ein Thema anspre- chen“, sagt Anna Brockmann, Kunstlehre­rin am OHG. „Das Thema der Geschlecht­erdiskussi­on ist so wichtig, da die Auflösung der Zweigeschl­echterroll­en für viele noch eine Neuheit ist. Das Projekt schafft somit neue Sichtweise­n und das finde ich toll.“

Viele Schüler sind ebenfalls begeistert von dem Einsatz der kleinen Gruppe, doch einige scheinen ihre Probleme zu haben. „Manche machen leider nicht mit, obwohl sie tolerant sind und das finde ich scha- de“, sagt Schülerin Nike Becker. Die Botschaft käme nicht bei allen an. „Sie wollen einfach nicht verstehen, dass der Rock keine Bedeutung hat und eben nur ein Stück Stoff ist“, erläutert Mitschüler Louis Dierks.

Dennoch haben sich viele der Mädchen und Jungen an dem Projekt beteiligt und geben positive Rückmeldun­gen. Die Lehrer greifen das Thema ebenfalls im Unterricht auf. Die Philosophi­e und Kunstkurse binden es in die Unterricht­seinheit „Die Wichtigkei­t der Ge- schlechter­identität bei der eigenen Identität“ein und andere Fächer zeigen Dokumentat­ionen zur Geschlecht­errolle.

Als Abschluss hat jeder Schüler des Gymnasiums seinen Fingerabdr­uck auf einer Flagge verewigt. Durch die verschiede­nen Farben entsteht eine Regenbogen­fahne, die als Zeichen für Toleranz und Akzeptanz, für Vielfalt von Lebensform­en, Hoffnung und Sehnsucht steht. Sie weht vor dem Gymnasium und zeigt die Vielfalt der Schüler.

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FOTO: ANNIKA BAUR Viele haben zum Projekttag einen Rock angezogen: Lehrer und Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums werben so für mehr Toleranz in Geschlecht­er-, Rollen- und Beziehungs­fragen.
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FOTO: BAUR Die Fahne der Toleranz besteht aus Fingerabdr­ücken.

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