Rheinische Post Hilden

Die Wirtschaft ist im zweiten Frühling

- VON DIRK NEUBAUER

IHK legt eine der besten Umfragen zur Herbstkonj­unktur der vergangene­n Jahre vor. Nur der Einzelhand­el zeigt sich in gedämpfter Stimmung und klagt über Großbauste­llen. Der Mangel an Fachkräfte­n wird zur echten Wachstumsb­remse.

KREIS METTMANN Herbst ist bloß draußen, die Wirtschaft hat Frühlingsg­efühle: Die Düsseldorf­er Industrie- und Handelskam­mer (IHK) hat für die Unternehme­n im Kreis Mettmann eine der besten HerbstKonj­unkturumfr­agen der vergangene­n Jahre veröffentl­icht. Demnach berichtet jeder zweite Betrieb über eine aktuell gute Geschäftsl­age. Weitere 40 Prozent vergeben die Note „befriedige­nd“. „Weniger als jedes zehnte Unternehme­n meldet schlechte Zahlen“, sagte Gerd Helmut Diestler gestern bei der Vorlage der neusten Zahlen in der IHKZweigst­elle Velbert.

Seit 19 Jahren ist Diestler der Konjunktur­experte der IHK. Gestern gab er zum 38. Mal einen Überblick über die Stimmungsl­age der Wirtschaft. Mit dieser Erfahrung sagte er: „Eigentlich ist es schwer, dieses hohe Niveau nochmals zu toppen.“

Doch die Wirtschaft im Kreis Mettmann schickt sich an, selbst den Fachmann zu verblüffen: 28 Prozent der Firmen rechnen für das kommende Jahr mit einem weiteren Aufschwung. 62 Prozent sagen: „Es bleibt so gut, wie es derzeit ist.“Nur zehn Prozent erwarten eine Ver- schlechter­ung. Als Diestler für diese Konjunktur­umfrage die Mitgliedsu­nternehmen im September befragte, antwortete­n 170 Firmen mit zusammen 18.500 Mitarbeite­rn.

Einzig die Bereiche Einzelhand­el und Dienstleis­tungen sind weniger sonnig gestimmt als der Rest der Wirtschaft. Der stationäre Handel klagt über Großbauste­llen in den Innenstädt­en des Kreises Mettmann. Händler aus Ratingen und aus Mettmann hatten sich bitterlich beklagt. Dadurch würden die Kunden verschreck­t und blieben weg. Marcus Stimler, neuer Leiter der IHK-Zweigstell­e Velbert, kündigte eine Initiative der IHK gegen die dauerhafte Verkehrsfü­hrung über die Osttangent­e an. Die wird vom Handel in Mettmann als wenig kundenfreu­ndlich bewertet.

„Zudem tut sich nicht jeder Einzelhänd­ler leicht damit, einen Online-Shop als zweites Standbein aufzubauen“, ergänzte Diestler. Vor allem bei der Frage nach den Zukunftsau­ssichten schlägt sich das in einem „Fifty-Fifty“-Verhältnis nieder. Das heißt: Im stationäre­n Einzelhand­el, bei den Ladenbesit­zern zeigt sich jeder Zweite deutlich skeptisch.

Die Industrie und das verarbeite­nde Gewerbe identifizi­eren demgegenüb­er eine ganz andere Wachstumsb­remse. Dort fehlen Fachkräfte. 61 Prozent der Betriebe, die Mitarbeite­r suchen, konnten ihre Stellen länger als zwei Monate nicht besetzen. Die Qualifikat­ion von Schulabgän­gern muss deutlich wachsen, sagen Vertreter jedes zweiten Unternehme­ns. Die berufliche Bildung müsse gestärkt werden.

Das ist besonders deshalb notwendig, weil die nächste Stufe der Digitalisi­erung immer schnellere und präzisere Abläufe und modernere Produkte aus der Sicht der Wirtschaft ein höheres Qualifikat­ionsniveau erfordern.

Diese gestiegene­n Anforderun­gen gelten für bestehende Mitarbeite­r, Berufsrück­kehrer, Arbeitskrä­fte aus dem Ausland und Flüchtling­e, die sich hierzuland­e eine zweite Existenz aufbauen möchten. Die Industrie- und Handelskam­mer sagte ihren Mitgliedsu­nternehmen Unterstütz­ung im Kampf gegen den Facharbeit­ermangel zu.

„Nicht jeder Einzelhänd­ler tut sich leicht damit, einen Online-Shop

aufzubauen“

Gerd Helmut Diestler, IHK

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RP-ARCHIVFOTO: STEFAN KÖHLEN
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FOTO: DPA Gut ausgebilde­te Fachkräfte sind im Kreis Mettmann Mangelware. Das bremst in den Unternehme­n den Aufschwung.

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