Rheinische Post Hilden

Drei schwer verletzte Polizisten nach Kurden-Demo

- VON MARC INGEL UND THOMAS REISENER

Kritik am Polizeiein­satz: Warum konnten die Demonstran­ten Hunderte verbotener Öcalan-Flaggen nach Düsseldorf schmuggeln?

DÜSSELDORF 25.000 Demonstran­ten waren angekündig­t – am Ende kamen nur 6000. Sie waren zum Teil mit Bussen aus ganz Europa in Düsseldorf angereist, um für die Freilassun­g des PKK-Führers Abdullah Öcalan und anderer Gefangener in der Türkei zu demonstrie­ren. Aber diese 6000 reichten, um aus dem Protestmar­sch am Samstag ein Fias-

Herbert Reul ko zu machen: Die Polizei löste die Demonstrat­ion auf, zwölf Beamte wurden verletzt – drei davon nach Polizeiang­aben schwer.

Als sich die von unterschie­dlichen Punkten in Düsseldorf gestartete­n Demonstrat­ionszüge der Innenstadt näherten, sah noch alles friedlich, fast familiär aus. Doch plötzlich packten die Demonstran­ten im Bereich der Königsalle­e Hunderte Fahnen mit dem Konterfrei Öcalans aus. Die Fahnen sind in Deutschlan­d verboten – die PKK wird in Deutschlan­d, der EU und der Türkei als Terrororga­nisation eingestuft. Noch am Vorabend hatte ein Gericht im Eilverfahr­en bestätigt, dass die Demonstran­ten keine Fahnen oder Transparen­te mit Öcalan-Abbildunge­n zeigen dürfen.

Die Polizei stoppte die Kundgebung. Ihrer Forderung, die Fahnen niederzule­gen, kamen die Demonstran­ten nicht nach. Die Atmosphäre wurde immer aggressive­r. Fahnenstan­gen und mit Wasser gefüllte Plastikfla­schen flogen in Richtung Polizei, es kamen zu Rangeleien und neun Festnahmen. Die Polizei setzte Pfefferspr­ay ein und brachte Was- serwerfer in Stellung. Ein 34-jähriger Türke hatte die Polizisten per Zwille gezielt mit Metallstüc­ken und Münzen beschossen. Er konnte identifizi­ert und festgenomm­en werden. Erst gegen 17 Uhr war der Spuk beendet.

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) lobte gestern zwar den Einsatz der Polizei, behält sich im Nachgang aber durchaus noch Kritik in Detailfrag­en vor. „Ich bin sehr zufrieden, dass die Düsseldorf­er Polizei beim Thema Öcalan-Fahnen eine harte Linie gefahren ist“, sagte Reul gestern unserer Redaktion. Richtig sei auch gewesen, dass der Demonstrat­ionszug konsequent gestoppt worden sei, als das Verbot irgnoriert wurde. Reul: „Wer in Nord- rhein-Westfalen gegen Recht und Gesetz verstößt, kann nicht darauf hoffen, dass die Polizei nicht so genau hinschaut.“

Gleichwohl gibt es im Umfeld des NRW-Innenminsi­teriums auch Kritik an dem Polizeiein­satz. Angeblich wollte die Polizei die von Reul gelobte „harte Linie“ursprüngli­ch gar nicht fahren. Fragwürdig ist aus Sicht von Polizeiexp­erten im Innenminis­terium auch, warum die Demonstran­ten überhaupt Hunderte verbotener Fahnen bei sich führen konnten. „Bei Fußballspi­elen wird sowas ja auch konsequent mit Personenko­ntrollen ausgeschlo­ssen“, sagte gestern ein Polizei-Insider.

Die Polizei selbst wollte sich gestern auf Anfrage nicht dazu äußern. Aber auch Reul sagte: „Mich interessie­rt die Frage, wie es passieren konnte, dass plötzlich so viele verbotene Fahnen aufgetauch­t sind.“Eine abschließe­nde Bewertung sei erst möglich, wenn alle Details ausgewerte­t sind.

Die Kurdische Gemeinde Deutschlan­d übte scharfe Kritik an den Ausschreit­ungen. Mehmet Tanriverdi, Vize-Chef der Dachorgani­sation, sagte unserer Redaktion: „Wir verurteile­n die Gewalt der Demonstran­ten gegen die Polizei. Die Bilder werfen ein völlig falsches Licht auf die politische­n Ziele der Kurden. Mit den Ausschreit­ungen in Düsseldorf haben die Demonstran­ten der kurdischen Bewegung sehr geschadet.“

Tausende Besucher wollten am Samstagnac­hmittag auf der Königsalle­e erste Weihnachts­einkäufe erledigten. Peter Wienen, Chef der „Interessen­gemeinscha­ft Königsalle­e“(IG Kö) sagte: „Es ist schon sehr enttäusche­nd für uns, dass gerade die Kö immer wieder unter solchen Demonstrat­ionen leidet.“Man müsse sich ernsthaft die Frage stellen, ob es wirklich sinnvoll sei, sämtliche Kundgebung­en dieser Art zuzulassen.

„Ich bin zufrieden, dass die Polizei beim Thema

Öcalan-Fahnen eine harte Linie gefahren ist“

NRW-Innenminis­ter

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FOTO: ANDREAS BRETZ Die anfangs noch friedliche Demo eskalierte, nachdem einige Teilnehmer verbotene Fahnen hochgehalt­en hatten.

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